Ausgabe 6 I November/Dezember 2011
Sehr geehrte Mandantin,
sehr geehrter Mandant,
mit dieser letzten Ausgabe in diesem Jahr möchten wir uns für Ihr Vertrauen bedanken. Wir wünschen Ihnen ein
frohes Weihnachtsfest, verbunden mit allen guten Wünschen für das Jahr 2012.
Die bislang sehr hohen Anforderungen an die elektronische Übermittlung von Rechnungen werden rückwirkend zum 1. 7. 2011 reduziert. Dabei wird die elektronische Rechnung umsatzsteuerlich der Papierrechnung gleichgestellt.
Eine elektronische Rechnung liegt nun vor, wenn sie in einem elektronischen Format vom leistenden Unternehmer ausgestellt und vom Leistungsempfänger elektronisch empfangen wird. Hierunter fallen Rechnungen, die per E-Mail (ggf. mit PDF- oder Textdateianhang), per Computer-Telefax oder Fax-Server, per Web-Download oder im Wege des Datenträgeraustauschs (EDI) übermittelt werden. Auch DE-Mail oder E-Post können nun für die elektronische Übermittlung einer Rechnung verwendet werden.
Wichtig ist, dass eine Signatur nicht mehr vorgeschrieben ist, diese gleichwohl aber verwendet werden kann. Die Übermittlung einer Rechnung von Standard-Fax zu Standard-Fax oder von Computer-Telefax/Fax-Server an Standard-Telefax gilt als Papierrechnung.
Hinweise: Papier- und elektronische Rechnungen werden umsatzsteuerlich für den Vorsteuerabzug anerkannt, wenn die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts sowie die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet sind und die Rechnung alle gesetzlich erforderlichen Angaben enthält. Die Echtheit der Herkunft einer Rechnung ist gewährleistet, wenn die Identität des Rechnungsausstellers sichergestellt ist. Weiterhin ist die Unversehrtheit des Inhalts gewährleistet, wenn die nach dem Umsatzsteuergesetz erforderlichen Pflichtangaben während der Übermittlung der Rechnung nicht geändert worden sind.
Verwenden Unternehmer keine qualifizierte elektronische Signatur oder das EDI-Verfahren, ist durch ein innerbetriebliches Kontrollverfahren, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schafft, sicherzustellen, dass die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet sind. Wie das geschehen soll, legt laut Finanzverwaltung jeder Unternehmer selbst fest. Ein innerbetriebliches Kontrollverfahren definiert die Finanzverwaltung als ein Verfahren, das Unternehmer zum Abgleich der Rechnung mit ihrer Zahlungsverpflichtung einsetzen. Der Unternehmer wird im eigenen Interesse insbesondere überprüfen, ob
Hierfür müssen nach Ansicht der Finanzverwaltung keine neuen speziellen Verfahrensweisen innerhalb des Unternehmens geschaffen werden. Ein entsprechend eingerichtetes Rechnungswesen könne als geeignetes Kontrollverfahren dienen, das die Zuordnung der Rechnung zur empfangenen Leistung ermögliche. Die Verwendung eines innerbetrieblichen Kontrollverfahrens führt darüber hinaus zu keinen neuen Aufzeichnungs- oder Aufbewahrungsverpflichtungen. Besteht eine Aufbewahrungspflicht, sind elektronische Rechnungen in dem elektronischen Format der Ausstellung bzw. des Empfangs (z. B. digital als E-Mail ggf. mit Anhängen in Bildformaten wie pdf oder tiff, digital als Computer-Telefax, digital als Web-Download oder in EDI-Formaten) aufzubewahren. Das bei der Aufbewahrung angewendete Verfahren und die Prozesse haben den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und DV-gestützter Buchführungssysteme und den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen zu entsprechen.
Die Umsatzgrenze für die sog. Ist-Besteuerung soll ab 2012 dauerhaft auf 500.000 € angehoben werden.
Hintergrund: Durch die Ist- bzw. Soll-Besteuerung wird der Entstehungszeitpunkt der Umsatzsteuer geregelt. Bei der Soll-Besteuerung erfolgt die Besteuerung nach vereinbarten Entgelten. Hierbei entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt worden ist. Keine Rolle spielt damit, ob die Rechnung vom Kunden auch tatsächlich bezahlt worden ist. Der Unternehmer muss die Umsatzsteuer also ggf. vorfinanzieren.
Alternativ zur Soll-Besteuerung können jedoch Unternehmer, die einen Vorjahresumsatz von maximal 500.000 € erwirtschaftet haben, die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten beim Finanzamt beantragen (sog. Ist-Besteuerung). Dann muss die Umsatzsteuer erst an das Finanzamt abgeführt werden, wenn und soweit der Rechnungsbetrag vom Kunden bezahlt worden ist. Die Umsatzgrenze in Höhe von 500.000 € ist allerdings bis zum 31. 12. 2011 befristet. Eigentlich würde sie danach wieder – wie vor Mitte 2009 – auf 250.000 € absinken. Um dies zu verhindern, beabsichtigt die Bundesregierung nunmehr, ab Januar 2012 die Umsatzgrenze dauerhaft bei 500.000 € zu belassen.
Die Werbungskostenpauschale für Arbeitnehmer wird bereits für 2011 von 920 € auf 1.000 € erhöht. Der erhöhte Pauschbetrag ist beim Lohnsteuerabzug erstmals auf den laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für einen nach dem 30. 11. 2011 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird. Entsprechendes gilt für sonstige Bezüge, die nach dem 30. 11. 2011 zufließen. Für die Lohnabrechnungszeiträume Januar 2011 bis November 2011 ist unverändert von einem Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 € auszugehen. Im Dezember 2011 wird dann der gesamte Erhöhungsbetrag von 80 € beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt (durch Ansatz eines lohnsteuerlichen Ausgleichsbetrags 2011 in Höhe von 1.880 €).
Während ELENA, das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises, in Kürze eingestellt wird, verzögert sich die Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte. Ab Inkrafttreten des ELENA-Aufhebungsgesetzes am Tag nach seiner Verkündung sind Arbeitgeber von den elektronischen Meldepflichten befreit. Dann werden keine Arbeitnehmerdaten mehr angenommen und alle bisher gespeicherten ELENA-Daten unverzüglich gelöscht. Bund und Länder sollen zudem einen neuen Termin und die weitere Vorgehensweise für den Start der „elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale“ (ELStAM) abstimmen. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.
Eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann für Arbeitnehmer bedeutsam sein, die aus beruflichen Gründen umziehen müssen und deren Familie erst eine gewisse Zeit später nachzieht.
Hintergrund: Bei einem beruflich veranlassten Umzug kann ein Arbeitnehmer die Umzugskosten als Werbungskosten geltend machen. Ist der Nachzug seiner Familie geplant, kann es zudem zu doppelten Mietzahlungen (für die bisherige und die neue Wohnung) kommen.
Streitfall: Ein Arbeitnehmer lebte mit seiner Familie in A. Am 1. 11. 2007 begann er eine neue Tätigkeit in B. und mietete dort eine 165 m² große Fünf-Zimmer-Wohnung an, weil seine Familie nachziehen sollte. Ende Februar 2008 zog seine Familie ebenfalls nach B. Das Finanzamt erkannte nur die anteilige Miete für die neue Wohnung an, und zwar in Höhe der Kosten für eine 60-m²-Wohnung. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Entscheidung: Der BFH war nun anderer Meinung:
Hinweis: Zudem besteht eine doppelte Haushaltsführung bis zum Familiennachzug: Während dieses Zeitraums kann der Arbeitnehmer also die Kosten für Familienheimfahrten und – für drei Monate – Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten geltend machen.
Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium außerhalb eines Dienstverhältnisses werden nun doch nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben berücksichtigt, sondern bleiben Sonderausgaben. Dies soll rückwirkend für Veranlagungszeiträume ab 2004 gelten. Nach Urteilen des Bundesfinanzhofs beschloss der Bundestag am 27. 10. 2011 damit eine „Klarstellung der vom Gesetzgeber gewollten Rechtslage“. Zugleich ist ab 2012 eine Erhöhung des Sonderausgabenabzugs für Ausbildungskosten von derzeit 4.000 € auf 6.000 € geplant.
Ab dem Jahr 2012 müssen Kapitalerträge, die der Abgeltungssteuer (25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) unterliegen, nicht mehr in der Steuererklärung angegeben werden, wenn der Steuerzahler außergewöhnliche Belastungen oder Spenden geltend machen will. Beim Abzug außergewöhnlicher Belastungen wird so die zumutbare Belastung niedriger, und für den Spendenabzug bedeutet dies, dass sich der abziehbare Höchstbetrag verringert.
Bei Anlegern, die ihre Kapitaleinnahmen wegen der Günstigerprüfung freiwillig in der Steuererklärung angeben, werden die Erträge weiterhin beim Gesamtbetrag der Einkünfte berücksichtigt. Dies ist beim Spendenabzug günstig, weil es so zu einem höheren maximal möglichen Abzugsbetrag kommt. Bei den außergewöhnlichen Belastungen wirkt dies hingegen nachteilig. Denn in diesem Fall erhöht sich die zumutbare Eigenbelastung, und der Abzugsbetrag vermindert sich entsprechend. Im Einzelfall muss also vor Abgabe der Anlage KAP eine individuelle Berechnung erfolgen.
Bei der Geldanlage in geschlossene Auslandsfonds müssen Sparer ferner eine Auslandsinvestition ihrem Wohnsitzfinanzamt nicht mehr innerhalb von einem Monat, sondern erst sechs Monate nach Jahresablauf anzeigen.
Kapitalanleger, die z. B.
müssen den Stichtag 15. 12. 2011 beachten. Denn in diesen Fällen ist eine Verlustverrechnung im selben Jahr ausschließlich im Rahmen der Jahressteuererklärung möglich. Die zu viel gezahlte Abgeltungsteuer wird dann insoweit erstattet als eine Verrechnung der Gewinne mit Verlusten erfolgt. Dazu sind bei der Einkommensteuererklärung 2011 Verlustbescheinigungen vorzulegen, die bei den Geldinstituten bis zum 15. 12. 2011 beantragt werden können; es handelt sich hierbei um eine Ausschlussfrist. Wird die Frist versäumt, werden die Verluste automatisch auf das Folgejahr übertragen und können nur im selben Verrechnungstopf mit Gewinnen verrechnet werden.
Hinweis: Nicht immer ist es sinnvoll, eine Verlustbescheinigung für 2011 zu beantragen. Wir beraten Sie gerne.
Wohnungen werden an nahe Angehörige oftmals billiger vermietet als an Fremde. Beträgt die vereinbarte Miete ab 2012 mindestens 66 % (= 2/3) der ortsüblichen Miete, gilt die Vermietung als vollentgeltlich und erlaubt so dem Vermieter den vollen Werbungskostenabzug (z. B. Finanzierungszinsen). Bei Verlusten muss der Vermieter keine positive Überschussprognose mehr über einen Zeitraum von 30 Jahren darlegen. Liegt die vereinbarte Miete hingegen unter 66 % der ortsüblichen Miete, sind die Werbungskosten in einen entgelt- und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, d. h. der Vermieter darf die Aufwendungen nur in Höhe der Quote der gezahlten Miete als Werbungskosten abziehen. Auch hier entfällt eine Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht über eine Totalüberschussprognose.
Hinweis: Die Neuregelung gilt auch für alle bereits bestehenden Mietverträge. Betroffene Mietverträge müssen daher angepasst werden, wenn ein möglichst hoher Werbungskostenabzug gesichert werden soll.
Kindergeld bzw. Kinderfreibeträge werden ab 2012 bei volljährigen Kindern unter 25 Jahren, die die erste Berufsausbildung bzw. das Erststudium absolvieren, gewährt. Die bisherige Einkünfte- und Bezügegrenze von 8.004 € entfällt. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind bei einer weiteren Ausbildung hingegen nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Ausnahmen: Unschädlich ist eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis.
Ab dem Jahr 2012 kann der Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 924 € für volljährige Kinder in Schul- oder Berufsausbildung, die außerhalb des elterlichen Haushalts wohnen, von den Eltern in der Steuererklärung ungekürzt angesetzt werden. Eigene Einkünfte (z. B. aus Kapitalvermögen) und Bezüge des Kindes (z. B. BAföG-Zuschuss) sind für den Ausbildungsfreibetrag irrelevant.
Auch ab 2012 werden die Kinderbetreuungskosten für alle Kinder unter 14 Jahren – in Höhe von 2/3 der Kosten pro Kind (maximal 4.000 €/Jahr) – als Sonderausgaben berücksichtigt. Unerheblich ist, ob beide Elternteile oder Alleinerziehende arbeiten, krank oder in der Ausbildung sind.
Nachfolgend informieren wir Sie über die neuen Rechengrößen in der Sozialversicherung für 2012:
Beitragsbemessungsgrenze West
Renten- und Arbeitslosen-versicherung (Jahr)
67.200 € (2011: 66.000 €)
Renten- und Arbeitslosen-versicherung (Monat)
5.600 € (2011: 5.500 €)
Kranken- und Pflege-versicherung (Jahr)
45.900 € (2011: 44.550 €)
Kranken- und Pflege-versicherung (Monat)
3.825 € (2011: 3.712,50 €)
Beitragsbemessungsgrenze Ost
Renten- und Arbeitslosen-versicherung (Jahr)
57.600 €
(unverändert zu 2011)
Renten- und Arbeitslosen-versicherung (Monat)
4.800 €
(unverändert zu 2011)
Kranken- und Pflege-
versicherung (Jahr)
45.900 € (2011: 44.550 €)
Kranken- und Pflege-
versicherung (Monat)
3.825 € (2011: 3.712,50 €)
Damit steigen auch die maximal möglichen Arbeitgeberzuschüsse zur privaten KV/PV. Die Versicherungspflichtgrenze, ab der eine private Krankenversicherung möglich ist, steigt auf 50.850 € (2011: 49.500 €). Für am 31. 12. 2002 aufgrund des Überschreitens der Versicherungspflichtgrenze privat krankenversicherte Arbeitnehmer (Bestandsfälle) steigt die Grenze auf 45.900 € (2011: 44.550 €).
Praxisbeispiel: Die Anpassung führt bei Gutverdienern zu erheblichen Beitragserhöhungen. So zahlt ein freiwillig gesetzlich krankenversicherter und kinderloser Arbeitnehmer im Rechtskreis West mit einem Jahresbrutto von 70.000 € pro Jahr 264,64 € mehr in die Sozialkasse als 2011. Hinzu kommt dann noch eine zusätzliche Belastung für den Arbeitgeber von jährlich 249,11 €.
Der Inhalt des Mandantenrundschreibens ist nicht als Rechtsrat zu verstehen und ohne vorherige Beratung auch nicht als Entscheidungsgrundlage geeignet. Eine Haftung für den Inhalt der Beiträge kann trotz gewissenhafter Bearbeitung nicht übernommen werden.
München, im November 2011
Thomas R. Kretzschmar
Dipl. Kfm. (Univ.) . Dipl. Jur. (Univ.)
Wirtschaftsprüfer . Steuerberater . Fachberater für internationales Steuerrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
Oliver Henry
Dipl. Jur. (Univ.)
Rechtsanwalt
KRETZSCHMAR & PARTNER mbB
Steuern . Recht . Wirtschaft . Prüfung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft . Steuerberatungsgesellschaft
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