Ausgabe 1/2012 (Januar/Februar)
Sehr geehrte Mandantin,
sehr geehrter Mandant,
das neue Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) verschiebt sich auf den 1. 1. 2013. Doch auch darüber hinaus hat es wichtige Neuerungen gegeben, über die wir Sie nachfolgend gerne informieren möchten:
Der Bundesrat hat am 25. 11. 2011 das sog. Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz verabschiedet. Eine Auswahl wichtiger Änderungen im Überblick:
Hintergrund: Auf den Gründungszuschuss hat derzeit einen Rechtsanspruch, wer Arbeitslosengeld (ALG I) beziehen kann, ein Gewerbe angemeldet hat und seiner Arbeitsagentur ein Geschäftskonzept vorlegt, das zuvor von einer fachkundigen Stelle, beispielsweise einer IHK, für tragfähig befunden wurde. Neun Monate erhält der Gründer dann einen Zuschuss in Höhe des ALG I, zuzüglich 300 € zur sozialen Sicherung. Legt er hiernach der Agentur die Ernsthaftigkeit seiner Selbständigkeit dar, kann er für weitere sechs Monate 300 € erhalten.
Aktuelle Änderungen: Nach dem „Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ werden künftig die Arbeitsagenturen nach eigenem Ermessen entscheiden, ob der Zuschuss gewährt wird. Die Maximalförderung wird von neun auf sechs Monate verkürzt, entsprechend die zweite Förderphase auf neun Monate verlängert. Antragsteller müssen zudem noch mindestens 150 Tage Restanspruchsdauer auf ALG I nachweisen, bislang sind es 90 Tage. Ein Antragsteller mit einem ALG-I-Anspruch von einem Jahr muss also ab Beginn seiner Arbeitslosigkeit innerhalb von sieben Monaten seinen Antrag stellen; bislang hat er hierfür neun Monate Zeit.
Zwar hatte der Bundesrat die vom Bundestag vorgeschlagenen Gesetzesänderungen zunächst zurückgewiesen. Doch der Vermittlungsausschuss ließ die Reform des Gründungszuschusses dann doch noch am 22. 11. 2011 passieren. Der Vermittlungsausschuss hatte sich allerdings zuvor u. a. darauf verständigt, die Förderung der Einstiegsqualifizierung zu erhalten. Arbeitgeber, die eine betriebliche Einstiegsqualifizierung durchführen, können somit durch Zuschüsse zur Vergütung bis zu einer Höhe von 216 € monatlich zuzüglich eines pauschalierten Anteils am durchschnittlichen Gesamtsozialversicherungsbeitrag der oder des Auszubildenden gefördert werden. Außerdem wurde die ursprünglich beschlossene Kürzung der Förderdauer für ältere Arbeitnehmer wieder gestrichen.
Der Bundesrat hat am 25. 11. 2011 das Gesetz über die Familienpflegezeit gebilligt. Damit soll Betroffenen ermöglicht werden, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, ohne allzu hohe Einkommenseinbußen hinzunehmen. Das entsprechende Gesetz tritt zum 1. 1. 2012 in Kraft. Die Einzelheiten im Überblick:
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein Verfahren zum Körperschaftsteuerguthaben vorgelegt. Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob neben der Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens auch ein Anspruch auf Erstattung des Solidaritätszuschlags besteht. Diese Entscheidung ist für alle Kapitalgesellschaften bedeutsam, die Ende 2006 aus der Zeit des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens noch über ein Körperschaftsteuerguthaben verfügen.
Hintergrund: Von 1977 bis Ende 2000 wurde das Einkommen von Körperschaften nach dem Anrechnungsverfahren versteuert. Der Gesetzgeber entschied sich im Jahr 2000 für einen Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren. Im Rahmen der Übergangsvorschriften wurde das aus dem alten System noch vorhandene Körperschaftsteuerminderungspotenzial zu einem Körperschaftsteuerguthaben.
Die Auszahlung des Guthabens erfolgte beginnend mit dem Jahr 2008 in zehn gleichen Jahresraten. Dabei wird das Guthaben nicht verzinst und auch der entsprechende Solidaritätszuschlag nicht erstattet. Kapitalstarke Unternehmen, die über ausreichend Gewinn oder Einlagen verfügten, konnten hingegen über eine Gewinnausschüttung das Körperschaftsteuerguthaben sofort nutzen. Dadurch minderte sich auch ihre Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag, sodass diese Unternehmen auch beim Solidaritätszuschlag sparten. Andere Unternehmen müssen hingegen bis zum Jahr 2017 warten, bis ihnen das Guthaben aus dem alten Anrechnungsverfahren komplett erstattet wird – und zwar ohne Minderung beim Solidaritätszuschlag, weil eine entsprechende Regelung im Solidaritätszuschlagsgesetz fehlt. Die Richter des BFH halten diesen Mechanismus für verfassungswidrig und haben das Verfahren bis zu einer Entscheidung durch das BVerfG ausgesetzt.
Die Kosten einer GmbH für eine Feier, bei der gleichzeitig das fünfjährige Firmenjubiläum und der Geburtstag des Gesellschafter-Geschäftsführers gefeiert werden, sind als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln und daher nicht absetzbar. Dies hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) entschieden.
Hintergrund: Grundsätzlich zählen alle Kosten einer GmbH zu den Betriebsausgaben, da sie keinen Privatbereich hat und daher keine Entnahmen tätigen kann. Betreffen Kosten aber den Privatbereich eines Gesellschafters, kann der Betriebsausgabenabzug durch den Ansatz einer sog. verdeckten Gewinnausschüttung neutralisiert werden; die GmbH muss die Kosten dann im Ergebnis versteuern.
Streitfall: Eine GmbH lud ihre Arbeitnehmer und Geschäftsfreunde zu einer Feier ein. Anlass der Feier war sowohl das fünfjährige Firmenjubiläum der GmbH als auch der 50. Geburtstag ihres Gesellschafter-Geschäftsführers, der mit 50 % an der GmbH beteiligt war. Dessen Freunde und Bekannte waren nicht eingeladen. Die GmbH machte die Kosten für die Feier als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt korrigierte dies hingegen durch den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung.
Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg wies die Klage der GmbH ab und begründete dies wie folgt:
Hinweise: Für die GmbH hätte es im Streitfall ggf. ratsam sein können, zwei Feiern auszurichten:
Anders hätte das FG im Übrigen entschieden, wenn es sich um die Kosten für einen Fremdgeschäftsführer gehandelt hätte. Dieser ist nicht an der GmbH beteiligt, und das Finanzamt hätte keine verdeckte Gewinnausschüttung ansetzen dürfen.
Das neue Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) verschiebt sich auf den 1. 1. 2013. Dies bedeutet: Haben sich die Verhältnisse gegenüber 2010 bzw. 2011 nicht geändert, gelten die bisherigen Lohnsteuerabzugsmerkmale fort; hier besteht kein Handlungsbedarf. Nur bei Änderungen ab dem 1. 1. 2012 wird der Gang zum Finanzamt notwendig. Im Detail sieht die Übergangsregelung wie folgt aus:
Wichtig: Das Mitteilungsschreiben und der Ausdruck des Finanzamts sind für den Arbeitgeber allerdings nur dann maßgebend, wenn ihm gleichzeitig die Lohnsteuerkarte 2010 bzw. die Ersatzbescheinigung 2011 für das erste Dienstverhältnis des Arbeitgebers vorliegt (Steuerklassen I bis V).
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun aufgefordert, einem Revisionsverfahren beizutreten, das das seit 2009 geltende Erbschaftsteuergesetz betrifft:
Privatpersonen, die den Solarstrom ihrer Photovoltaikanlage verkaufen, sind Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne. Sind sie keine Kleinunternehmer, müssen sie daher Umsatzsteuer auf das Entgelt für den Strom ans Finanzamt abführen. Im Gegenzug können sie die Vorsteuer für die Errichtung der Photovoltaikanlage und für die Errichtung oder Instandsetzung des Gebäudes, auf dem sich die Anlage befindet, geltend machen. Die Höhe des Vorsteuer-abzugs ist bei Gebäuden, für die der Bauantrag bis zum 31. 12. 2010 gestellt wurde, von der Nutzung des Gebäudes abhängig. Die Einzelheiten erörterte nun der Bundes-finanzhof (BFH) in drei Fällen:
Streitfälle: Im 1. Fall errichtete der Kläger einen Holzschuppen, auf dessen Dach er die Anlage installierte; der Schuppen selbst stand leer. Im 2. Fall installierte der Kläger die Anlage auf einem neu errichteten Carport, den er für das Unterstellen seines privaten Kfz nutzte. Im 3. Fall deckte der Kläger das Dach seiner Scheune neu ein und installierte auf dem Dach die Anlage; die Scheune stand leer.
Entscheidungen: Bei Gebäuden, für die der Bauantrag bis zum 31. 12. 2010 gestellt wurde, ist hinsichtlich der Höhe des Vorsteuerabzugs zu unterscheiden:
Wichtig: Bei Gebäuden, für die der Bauantrag erst nach dem 31. 12. 2010 gestellt wurde, ist der Vorsteuerabzug nur noch in Höhe des unternehmerisch genutzten Teils des Gebäudes möglich. Im Gegenzug muss aber auch eine private Mitbenutzung des Gebäudes nicht mehr als Wertabgabe versteuert werden. Die 10-%-Grenze bleibt jedoch bei Neubauten weiterhin relevant. Denn ein Vorsteuerabzug entfällt insgesamt, wenn der Unternehmer das Gebäude zu weniger als 10 % für die Produktion und den Verkauf von Solarstrom nutzt.
Der Inhalt des Mandantenrundschreibens ist nicht als Rechtsrat zu verstehen und ohne vorherige Beratung auch nicht als Entscheidungsgrundlage geeignet. Eine Haftung für den Inhalt der Beiträge kann trotz gewissenhafter Bearbeitung nicht übernommen werden.
München, im Dezember 2011
Thomas R. Kretzschmar
Dipl. Kfm. (Univ.) . Dipl. Jur. (Univ.)
Wirtschaftsprüfer . Steuerberater . Fachberater für internationales Steuerrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
Oliver Henry
Dipl. Jur. (Univ.)
Rechtsanwalt
KRETZSCHMAR & PARTNER mbB
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