Ausgabe Nr. 2/2013 (März/April)
Sehr geehrte Mandantin,
sehr geehrter Mandant,
nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.
Der steuerfreie Grundfreibetrag wird angehoben. Dies haben Bundestag und Bundesrat kürzlich mit Verabschiedung des Vermittlungsvorschlags zum Gesetz zum Abbau der kalten Progression beschlossen.
Hintergrund: Der Grundfreibetrag soll sicherstellen, dass das zur Bestreitung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums benötigte Einkommen nicht durch Steuern gemindert wird. Nach dem Willen des Gesetzgebers wird der Grundfreibetrag für Erwachsene nun in zwei Schritten erhöht:
Damit steigt der Grundfreibetrag für das Existenzminimum für 2013 auf 8.130 €, für 2014 auf 8.354 €. Es bleibt jeweils beim Eingangssteuersatz von 14 Prozent.
Hinweis: Das mit dem Gesetz zum Abbau der kalten Progression ebenfalls verfolgte Ziel, den Tarifverlauf im Bereich der Progressionszonen im gleichen prozentualen Ausmaß anzupassen, wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens nicht umgesetzt.
Geschenke erhalten bekanntlich die Freundschaft – und stärken die Kundenbeziehung. Damit aus der schönen Überraschung keine böse wird, übernimmt üblicherweise der Schenkende die Versteuerung der Präsente – in der Regel in Form der Pauschalbesteuerung.
Ob der Unternehmer auch kleinere Geschenke bis zu einem Wert von 40 € (inklusive Umsatzsteuer) versteuern muss, war bisher umstritten. Die Oberfinanzdirektion Frankfurt hat nun mit einer Rundverfügung für Klarheit gesorgt. Ab sofort soll eine für Arbeitnehmer geltende Begünstigung auch für Zuwendungen an Dritte gelten – also zum Beispiel an Kunden. Hiernach müssen Aufmerksamkeiten, deren Wert inklusive Umsatzsteuer unter 40 € liegt, nicht mehr mit in die Bemessungsgrundlage der Pauschalsteuer einbezogen werden.
Damit entfällt künftig die Pauschalsteuer bei Kleinstgeschenken, wie einem Blumenstrauß zum Geburtstag eines Kunden. Diese Handhabung schafft Rechtssicherheit für die Fälle, in denen das Wahlrecht zur Pauschalsteuer nicht ausgeübt wurde. Die Finanzverwaltung dürfte bei Betriebsprüfungen künftig jedenfalls keine Kontrollmitteilungen mehr veranlassen.
Hinweis: Nach Angabe des Deutschen Steuerberaterverbands sind diese Erleichterungen bundesweit abgestimmt. Auch ist eine Änderung des entsprechenden Anwendungsschreibens zur Pauschalbesteuerung vorgesehen. Mit einer Veröffentlichung sei vorerst jedoch nicht zu rechnen.
Die Finanzverwaltung gewährt nun doch eine Übergangsfrist für die authentifizierte Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen, Lohnsteueranmeldungen und Dauerfristverlängerungen. Hierauf wird im Elster-Portal der Finanzverwaltung hingewiesen.
Hintergrund: Umsatzsteuer-Voranmeldungen, Lohnsteuer-Anmeldungen, Anträge auf Dauerfristverlängerungen, die Anmeldung von Sondervorauszahlungen sowie die Zusammenfassende Meldung müssen grundsätzlich elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden. Ab dem 1. 1. 2013 muss dies grundsätzlich in authentifizierter Form erfolgen. Hierfür wird ein elektronisches Zertifikat benötigt, das im Rahmen der Registrierung im Elster-Online-Portal vergeben wird. Hintergrund ist eine Änderung der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung zum 1. 1. 2013.
Die Finanzverwaltung hat nun klargestellt, dass für eine Übergangszeit bis zum 31. 8. 2013 Abgaben auch ohne Authentifizierung weiterhin akzeptiert werden.
Bei einer Betriebsgründung ist für die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags zwar keine verbindliche Bestellung bis zum 31. 12. erforderlich. Jedoch genügt es nicht, wenn der Unternehmer bis zum Jahresende lediglich unverbindlich Angebote eingeholt hat, die Investition tatsächlich aber erst rund zwei Jahre später durchführt.
Hintergrund: Unternehmer können für künftige Investitionen gewinnmindernd einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 40 % der künftigen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bilden. Bei Betriebsgründungen fordert die Finanzverwaltung eine verbindliche Bestellung des Wirtschaftsguts am Bilanzstichtag.
Streitfall: Der Kläger gab in seiner Steuererklärung für 2007 an, einen Betrieb für Solarstrom gründen zu wollen, und machte einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 150.000 € geltend. Dabei verwies er auf drei Angebote von Photovoltaikanlagen-Herstellern aus Mai 2007. Die Solarstrom-Anlagen erwarb er in den Jahren 2009 und 2010. Das Finanzamt erkannte den Investitionsabzugsbetrag nicht an, da eine Bestellung zum 31. 12. 2007 nicht erfolgt war.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht der ersten Instanz (FG) zurück. Das FG muss nun folgende Grundsätze beachten:
Folge: Der Kläger konnte lediglich drei Kostenvoranschläge aus Mai 2007 vorweisen. Wäre die Investition Anfang 2008 erfolgt, hätte dies steuerlich ausgereicht. Der Erwerb der Solarstrom-Anlagen in den Jahren 2009 und 2010 erfolgte aber in zu großem zeitlichem Abstand zu den Angeboten. Das FG muss nun prüfen, aus welchen Gründen es zu der zeitlichen Verzögerung gekommen ist und welche Zwischenschritte zur Umsetzung der Investition der Kläger in der Zwischenzeit unternommen hatte.
Hinweise: Der BFH hat zwar nun erneut der Auffassung der Finanzverwaltung widersprochen, indem er eine verbindliche Bestellung bei Betriebsgründungen für nicht erforderlich hält. Aus dem aktuellen Urteil wird aber deutlich, dass die Investitionsabsicht nicht ohne Weiteres anzunehmen, sondern gründlich zu prüfen ist. Je größer der zeitliche Abstand zwischen den Kostenvoranschlägen und der eigentlichen Investition ist, desto eher spricht dies gegen eine Investitionsabsicht. Dabei ist zu beachten, dass der Steuerpflichtige die Beweislast für die Investitionsabsicht trägt.
Die amtlichen Sachbezugswerte wurden angepasst. Folgende Werte sind seit dem 1. 1. 2013 zu berücksichtigen:
Hat ein Arbeitnehmer zwei Wohnsitze, kann er für die Ermittlung der Entfernungspauschale die Entfernung zwischen dem weiter entfernten Wohnsitz und der Arbeitsstätte zugrunde legen. Voraussetzung ist, dass sich am weiter entfernten Wohnsitz sein Lebensmittelpunkt befindet. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer den weiter entfernten Wohnsitz durchschnittlich mindestens zweimal im Monat aufgesucht hat.
Hintergrund: Die Entfernungspauschale wird auf Grundlage der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gewährt. Hat der Arbeitnehmer mehrere Wohnsitze, ist der Lebensmittelpunkt für die Berechnung der Entfernung maßgeblich.
Streitfall: Eine ledige Arbeitnehmerin hatte eine Wohnung in B, wo sie auch arbeitete, während sich ihr Elternhaus im 280 km entfernten X befand. Sie machte 45 Fahrten von X nach B als Werbungskosten geltend, weil sie ihre Arbeitsstätte auch von X aus aufgesucht habe, wo sich ihr Lebensmittelpunkt befunden habe. Die übrigen Fahrten zur Arbeit habe sie von ihrer Wohnung in B aus angetreten. Das Finanzamt ging nur von 12 nachgewiesenen Fahrten zwischen X und B aus und hielt dies für die Annahme eines Lebensmittelpunkts in X für unzureichend.
Entscheidung: Das Finanzgericht Nürnberg gab der Klage statt, weil die Arbeitnehmerin ihren Lebensmittelpunkt in X hatte:
Hinweise: Trotz dieses positiven Urteils sind Arbeitnehmer nach wie vor nachweispflichtig dafür, dass sie an ihrer weiter entfernten Wohnung ihren Lebensmittelpunkt haben. Hierfür sprechen sowohl geschäftliche Beziehungen zu ihrer Bank, zu ihren Ärzten, zu ihren Versicherungen als auch private Beziehungen zum Freund/Freundin und Freunden oder im Verein. Außerdem muss der Arbeitnehmer z. B. anhand von Tankbelegen oder Fahrscheinen nachweisen, dass er tatsächlich von seiner weiter entfernten Wohnung zur Arbeit gefahren ist.
Für den nachträglichen Einbau eines Kachelofens im selbstgenutzten Haus wird eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen gewährt. Unbeachtlich ist, dass mit dem Kachelofen etwas Neues geschaffen und nicht ein bereits vorhandener Gegenstand modernisiert wird.
Hintergrund: Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Haushalt des Steuerpflichtigen wird die Einkommensteuer um 20 % der Aufwendungen gemindert, soweit die Aufwendungen auf die Arbeitsleistung des Handwerkers entfallen. Der Höchstbetrag der Steuerermäßigung beträgt 1.200 €.
Streitfall: Die Kläger sind Ehegatten, die in ihrem Einfamilienhaus einen neuen Kachelofen sowie einen Edelstahlschornstein einbauen ließen. Die Handwerkerleistungen (ohne den Materialpreis für Ofen und Schornstein) betrugen 600 €. Hierfür machten sie die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen geltend.
Entscheidung: Das Sächsische Finanzgericht (FG) gab der Klage statt:
Hinweis: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat vor Kurzem bereits eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen bei Erd- und Pflanzenarbeiten im eigenen Garten gewährt. Dabei war es für den BFH ebenfalls unbeachtlich, ob der Garten neu angelegt wird oder ein bereits vorhandener Garten umgestaltet wird. Auf dieser Linie, die für die Steuerpflichtigen erfreulich ist, liegt nun auch das aktuelle Urteil des Sächsischen FG.
Bei der Berechnung der Betriebsgröße i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 3 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sind auch im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, wenn sie hier dauerhaft eingesetzt werden.
Hintergrund: Nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG gilt das Kündigungsschutzgesetz für nach dem 31. 12. 2003 eingestellte Arbeitnehmer nur in Betrieben, in denen in der Regel mehr als zehn Angestellte beschäftigt sind.
Streitfall: Der Kläger arbeitete seit Juli 2007 bei der Beklagten. Diese beschäftigte einschließlich des Klägers zehn eigene Arbeitnehmer. Im November 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Kläger fristgerecht. Mit seiner Kündigungsschutzklage machte dieser geltend, bei der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer seien auch die von der Beklagten eingesetzten Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen – mit der Folge, dass das KSchG in seinem Fall anzuwenden ist.
Entscheidung: Die Richter des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sahen dies – im Gegensatz zu den Vorinstanzen – ebenso:
Hinweis: Der Senat hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Es steht noch nicht fest, ob die im Kündigungszeitpunkt im Betrieb tätigen Leiharbeitnehmer „regelmäßig“ für den Betrieb tätig waren. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens werden mit dem Urteil die Rechte von Festangestellten in kleineren Unternehmen durch die nunmehr mögliche Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes gestärkt.
Die Deutsche Bundesbank hat den neuen Basiszinssatz berechnet. Er ist zum 1. 1. 2013 von 0,12 % um 0,25 Prozentpunkte auf minus 0,13 % gesunken und erreicht damit erstmals einen negativen Wert.
Hintergrund: Der Basiszinssatz wird jeweils zum 1. 1. und 1. 7. angepasst und hat u. a. Bedeutung für die Berechnung von Verzugszinsen, die säumigen Schuldnern in Rechnung gestellt werden können. Die Höhe der Verzugszinsen richtet sich wiederum danach, ob ein Verbraucher an einem Rechtsgeschäft beteiligt ist oder nicht. Im ersten Fall beträgt der gesetzliche Zinssatz beim Schuldnerverzug 5 % über dem Basiszinssatz, bei Rechtsgeschäften zwischen Unternehmern beträgt der Verzugszins 8 % über dem Basiszinssatz (§ 288 BGB).
Damit betragen die Verzugszinsen ab 1. 1. 2013
Der Inhalt des Mandantenrundschreibens ist nicht als Rechtsrat zu verstehen und ohne vorherige Beratung auch nicht als Entscheidungsgrundlage geeignet. Eine Haftung für den Inhalt der Beiträge kann trotz gewissenhafter Bearbeitung nicht übernommen werden.
München, im März 2013
Thomas R. Kretzschmar
Dipl. Kfm. (Univ.) . Dipl. Jur. (Univ.)
Wirtschaftsprüfer . Steuerberater . Fachberater für internationales Steuerrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
Oliver Henry
Dipl. Jur. (Univ.)
Rechtsanwalt
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