Ausgabe Nr. 5/2013 (September/Oktober)
Sehr geehrte Mandantin,
sehr geehrter Mandant,
nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.
Die Abschaltung der nationalen Zahlungsverfahren zum 1. 2. 2014 und damit der endgültige Umstieg auf die SEPA-Verfahren rücken näher. Die Änderungen betreffen nicht nur den Wechsel von Kontonummer und Bankleitzahl auf IBAN und BIC, sondern erfordern in vielen Organisationen einen hohen Umstellungsaufwand.
Auf das neue SEPA-Lastschriftverfahren müssen sich Unternehmen jetzt vorbereiten. Es gibt grds. keine Übergangsfrist. Ausnahme: der Einzelhandel kann das Elektronische Lastschriftverfahren bis zum 1. 2. 2016 weiter nutzen.
Um als Zahlungsempfänger Lastschriften auf Basis der SEPA-Lastschriftverfahren nutzen zu können, benötigen Unternehmen eine Gläubiger-Identifikationsnummer, die sie im Internet bei der Deutschen Bundesbank beantragen können (unter www.glaeubiger-id.bundesbank.de). Die Bundesbank empfiehlt, diesen Prozess möglichst bis Ende Oktober 2013 abzuschließen. Die Gläubiger-Identifikationsnummer ist eine kontounabhängige und eindeutige Kennung, die den Zahlungsempfänger als Lastschrift-Einreicher zusätzlich identifiziert.
Für Unternehmen gibt es zwei Lastschriftverfahren:
Die rechtliche Legitimation für den Einzug von SEPA-Lastschriften sind die SEPA-Mandate. Diese umfassen sowohl die Zustimmung des Zahlers zum Einzug der Zahlung per SEPA-Lastschrift an den Zahlungsempfänger als auch den Auftrag an die eigene Bank zwecks Einlösung und Kontobelastung der Zahlung. Die verbindlichen Mandatstexte für die SEPA-Mandate (SEPA-Lastschriftmandat und SEPA-Firmenlastschriftmandat) erhalten Sie u. a. bei Ihrem kontoführenden Institut.
Hinweis: Sofern Sie sich bisher noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt haben sollten, wird es höchste Zeit: die Auswirkungen von SEPA sind – in technischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht – komplex und sollten nicht unterschätzt werden. Weitere Infos erhalten Sie auch unter www.sepadeutschland.de.
Ein Arbeitnehmer kann unter Umständen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung auch dann die Entfernungspauschale für Familienheimfahrten geltend machen, wenn er gar keine Aufwendungen hierfür hatte. Von den sich danach ergebenden Werbungskosten sind aber steuerfrei geleistete Reisekostenvergütungen des Arbeitgebers abzuziehen.
Hintergrund: Bei einer doppelten Haushaltsführung können u. a. wöchentliche Familienheimfahrten mit der Entfernungspauschale i. H. von 0,30 € pro Entfernungskilometer angesetzt werden.
Streitfall: Ein Arbeitnehmer der Deutschen Bahn machte insgesamt 48 Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend. Für elf Fahrten nutzte er seinen Pkw, den Rest absolvierte er mit Freikarten seiner Arbeitgeberin. Das Finanzamt erkannte nur die Familienheimfahrten mit dem Pkw an – schließlich hätten die Freifahrten den Kläger nichts gekostet. Hiergegen klagte der Mitarbeiter.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab ihm im Grundsatz Recht, verwies die Sache aber an die erste Instanz zurück, wo nun noch die Höhe der Werbungskosten ermittelt werden muss:
Im Ergebnis kann der Arbeitnehmer also für alle 48 Fahrten die Entfernungspauschale ansetzen. Von dem sich danach ergebenden Betrag sind aber möglicherweise steuerfrei geleistete Reisekostenvergütungen des Arbeitgebers oder aber steuerfreie Sachbezüge (etwa Freifahrten, wenn die Beförderungsleistung zur Lieferungs- und Leistungspalette des Arbeitgebers zählt) abzuziehen.
Hinweis: Anders stellt sich die Lage dar, wenn Sie von ihrem Arbeitgeber ein Dienstfahrzeug zur privaten Nutzung überlassen bekommen. Hier können Sie die Aufwendungen für die Familienheimfahrten nicht als Werbungskosten abziehen: denn nach Ansicht des BFH ist ein Werbungs-kostenabzug nicht geboten, wenn der Arbeitgeber durch die Überlassung des Dienstwagens im Ergebnis die Aufwendungen trägt.
Der Lohnsteuersenat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit mehreren Urteilen seine bisherige Rechtsprechung zur Anwendung der 1%-Regelung korrigiert. Zunächst die schlechte Nachricht. Dem Gericht zufolge führt die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung grundsätzlich zu Arbeitslohn. Auf die Frage, ob der Wagen tatsächlich privat genutzt wurde, kommt es nicht an. Und nun die gute: Die 1%-Regelung darf erst dann angewendet werden, wenn feststeht, dass dem Arbeitnehmer der Dienstwagen arbeitsvertraglich oder doch zumindest auf Grund einer stillschweigend getroffenen Nutzungsvereinbarung tatsächlich zur privaten Nutzung überlassen wurde – die Überlassung zur privaten Nutzung darf nicht einfach unterstellt, sondern muss, z. B. im Fall eines vom Arbeitgeber ausgesprochenen Nutzungsverbots, konkret nachgewiesen werden.
Hintergrund: Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unentgeltlich einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, führt das zu einem steuerbaren Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers. Der Vorteil ist entweder mit der Fahrtenbuchmethode oder, wenn kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt wird, mit der 1%-Regelung zu bewerten.
Streitfall 1: Hier stellte die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft, ihrem Geschäftsführer einen Dienstwagen zur Verfügung. Dem Anstellungsvertrag zufolge durfte er den Dienstwagen auch privat nutzen. Bei der Lohnsteuer setzte die Klägerin für die private Nutzung lediglich eine Kostenpauschale an, denn eine private Nutzung des Dienstwagens habe nicht stattgefunden.
Entscheidung: Dies sahen die Richter des BFH anders:
Hinweis: Fälle, in denen der Arbeitnehmer den Dienstwagen auch privat nutzen darf, führen beim Arbeitnehmer immer zu einem steuerpflichtigen Vorteil – auch wenn er das Fahrzeug tatsächlich nicht privat nutzt. Bisher wurde die private Nutzung des Fahrzeugs lediglich vermutet, was der betroffene Steuerpflichtige unter engen Voraussetzungen widerlegen konnte. Diese Möglichkeit ist nun – zumindest im Lohnsteuerrecht – entfallen.
Streitfälle 2, 3, und 4: Hier hat der BFH (nochmals) verdeutlicht, dass die 1%-Regelung nur zur Anwendung kommt, wenn feststeht, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen arbeitsvertraglich oder doch zumindest stillschweigend zur privaten Nutzung überlassen hat. Steht dies nicht fest, kann auch der Beweis des ersten Anscheins die fehlende Feststellung nicht ersetzen. Dies gilt auch für einen angestellten Geschäftsführer eines Familienunternehmens oder den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach ein Privatnutzungsverbot nur zum Schein ausgesprochen wird oder der (Allein-) Geschäftsführer ein Privatnutzungsverbot generell missachtet. Nutzt der Gesellschafter-Geschäftsführer den betrieblichen Pkw allerdings unbefugt privat, liegt kein Arbeitslohn, sondern eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.
Reparaturkosten, die aufgrund einer Falschbetankung des Wagens auf dem Weg zur Arbeit verursacht wurden, sind neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbar. Dies hat kürzlich das Finanzgericht Niedersachsen (FG) entschieden und sich damit gegen die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungspraxis gestellt.
Streitfall: Der Kläger hatte auf dem Weg zur Arbeit aus Versehen Diesel statt Benzin getankt. Als der Motor kurz danach „unregelmäßig“ lief, bemerkte er das Unglück. Der Schaden wurde repariert, die Versicherung lehnte eine Erstattung der Reparaturkosten von rund 4.300 € wegen der Sorgfaltspflichtverletzung des Klägers ab. Das Finanzamt meinte, neben der Entfernungspauschale seien nur die Kosten eines Unfalls zum Werbungskostenabzug zuzulassen. Und die Falschbetankung stelle keinen Unfall dar.
Entscheidung: Die FG-Richter ließen dagegen einen Abzug der Kosten zu:
Hinweis: Ob die Entscheidung Bestand haben wird, hängt nun vom Bundesfinanzhof ab. Hier ist das Verfahren unter dem Aktenzeichen VI R 29/13 anhängig
Erstellt ein Steuerpflichtiger seine Einkommensteuererklärung elektronisch mit dem ELSTER-Programm und macht er versehentlich keine Unterhaltsleistungen für seine bedürftige Lebensgefährtin geltend, kann er die spätere Änderung des Einkommensteuerbescheids nur dann erfolgreich beantragen, wenn ihn kein grobes Verschulden trifft. Dies hängt davon ab, ob die Erläuterungen und der Aufbau des ELSTER-Formulars so ausreichend verständlich, klar und eindeutig waren, dass ein steuerlicher Laie die Abziehbarkeit der Unterhaltsleistungen hätte erkennen können.
Hintergrund: Bemerkt ein Steuerpflichtiger nach Ablauf der Einspruchsfrist, dass er bestimmte Aufwendungen versehentlich nicht geltend gemacht hat, kann er die Änderung des Steuerbescheids wegen neuer Tatsachen beantragen. Eine Änderung zu seinen Gunsten setzt aber voraus, dass ihn am nachträglichen Bekanntwerden der neuen Tatsachen kein grobes Verschulden trifft.
Streitfälle: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich über zwei ähnlich gelagerte Fälle entschieden, in denen die Kläger ihre Einkommensteuererklärung mithilfe des ELSTER-Programms elektronisch erstellt hatten. Beide machten jeweils Unterhaltsleistungen an ihre Lebensgefährtin nachträglich als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Im ersten Fall ging es um das Jahr 2006: Kläger war A. Er begründete seinen Antrag auf Änderung des Bescheids damit, dass er auch bei Durchsicht des Ausdrucks seiner Steuererklärung nicht bemerkt habe, dass die Unterhaltsleistungen fehlten; denn beim Ausdruck der ELSTER-Steuererklärung würden nur die Felder ausgedruckt, in denen er auch Eintragungen vorgenommen habe, nicht aber die unausgefüllten Felder.
Der zweite Fall betraf das Jahr 2008: Kläger war B. Er rügte, dass der Steuererklärungsvordruck im ELSTER-Programm auf eine Anlage U verweise, in der nur Eltern, Großeltern und Kinder als mögliche Unterhaltsempfänger aufgeführt seien, nicht aber die Lebensgefährtin. Deshalb habe er es versäumt, die Unterhaltszahlungen in der Steuererklärung geltend zu machen.
Entscheidung: Der BFH wies die Klage des A für das Jahr 2006 wegen groben Verschuldens ab, gab der Klage des B dagegen statt, weil diesen kein grobes Verschulden traf:
Hinweis: Die Urteile machen deutlich, dass es auf die Einzelheiten des Vordrucks und des Erläuterungstextes ankommt. Derjenige, der seine Einkommensteuererklärung selbst fertigt, sollte in jedem Fall den Steuererklärungsvordruck und den Erläuterungstext vollständig durchlesen.
Eine formularmäßige Klausel in einem Wohnraummietvertrag, die den Mieter verpflichtet, sich anteilig an den Kosten zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses noch nicht fälliger Schönheitsreparaturen zu beteiligen (sogenannte Quotenabgeltungsklausel), ist unwirksam, wenn sie zur Berechnung der vom Mieter zu tragenden Aufwendungen folgende Regelung vorsieht: „Berechnungsgrundlage ist der Kostenvoranschlag eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachgeschäfts“.
Hintergrund: Der Zweck einer Quotenabgeltungsklausel besteht darin, dem Vermieter, der von dem ausziehenden Mieter mangels Fälligkeit der Schönheitsreparaturen nach dem Fristenplan keine Endrenovierung verlangen kann, wenigstens einen prozentualen Anteil an Renovierungskosten für den Abnutzungszeitraum seit den letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit zu sichern.
Die genannte Klausel geht allerdings zu weit:
Hinweis: Bei der Gestaltung einer Quotenabgeltungsklausel ist demnach darauf zu achten, dass der Mieter den Kostenvoranschlag uneingeschränkt bestreiten oder ihn jedenfalls überprüfen lassen kann, z. B. durch Einholung eines eigenen (günstigeren) Kostenvoranschlags.
Der Inhalt des Mandantenrundschreibens ist nicht als Rechtsrat zu verstehen und ohne vorherige Beratung auch nicht als Entscheidungsgrundlage geeignet. Eine Haftung für den Inhalt der Beiträge kann trotz gewissenhafter Bearbeitung nicht übernommen werden.
München, im September 2013
Thomas R. Kretzschmar
Dipl. Kfm. (Univ.) . Dipl. Jur. (Univ.)
Wirtschaftsprüfer . Steuerberater . Fachberater für internationales Steuerrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
Oliver Henry
Dipl. Jur. (Univ.)
Rechtsanwalt
KRETZSCHMAR & PARTNER mbB
Steuern . Recht . Wirtschaft . Prüfung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft . Steuerberatungsgesellschaft
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