Ausgabe Nr. 1/2015 (Januar/Februar)
Sehr geehrte Mandantin,
sehr geehrter Mandant,
nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.
Ab 2015 gibt es vollen Sozialversicherungsschutz nur noch für Beschäftigte mit einem Einkommen ab 450,01 €. Der Bestandsschutz mit vollständiger Versicherungsleistung für Alt-Midi-Jobber mit einem Einkommen von 400 € bis 450 € endet zum 1. 1. 2015.
Hintergrund: Zum 1. 1. 2013 wurde die Verdienstgrenze für geringfügig entlohnte Beschäftigte auf monatlich 450 € angehoben. In diesem Zusammenhang haben sich auch die Verdienstgrenzen für versicherungspflichtige Beschäftigungen in der Gleitzone („Midi-Jobs“) von ehemals 400,01 € bis 800 € auf 450,01 € bis 850 € verschoben. Für Arbeitnehmer, die vor dem 1. 1 2013 zwischen 400,01 und 450,00 € verdient haben, wurde eine Übergangsregelung geschaffen, wonach weiterhin ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nach Maßgabe der damaligen Gleitzonenregelung bestand.
Diese Übergangsregelung ist nun ausgelaufen. Soweit das Beschäftigungsverhältnis über den 31. 12. 2014 hinaus unverändert fortbesteht, ändert sich der sozialversicherungsrechtliche Status: Die Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung entfällt, in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung tritt Versicherungsfreiheit ein. Einzig die Rentenversicherungspflicht bleibt bestehen, hier gelten die Regelungen für 450-€-Minijobs.
Hinweise: Betroffene können sich auf Antrag von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Der Arbeitnehmer ist bei der Krankenkasse ab- und bei der Minijob-Zentrale anzumelden.
Soweit der Status einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erhalten bleiben soll, müssen der Arbeitsvertrag angepasst und die regelmäßige monatliche Vergütung ab dem 1. 1. 2015 auf über 450 € erhöht werden.
Ein Unternehmer kann keine Betriebsausgaben für die Nutzung eines Pkw geltend machen, wenn der Wagen seinem Ehegatten gehört und letzterer auch sämtliche Aufwendungen getragen hat. Der Unternehmer hat dann keine eigenen Aufwendungen, die steuerlich abgesetzt werden könnten.
Hintergrund: Betrieblich oder beruflich veranlasste eigene Aufwendungen sind grundsätzlich absetzbar. Geht es jedoch um den Abzug von Aufwendungen eines Dritten, spricht man von sog. Drittaufwand. Dieser ist nur unter bestimmten Voraussetzungen absetzbar.
Sachverhalt: Die Klägerin war Unternehmerin und nutzte den Pkw ihres Ehemanns gelegentlich für betriebliche Fahrten. Der Pkw gehörte zum Betriebsvermögen des Mannes, der sämtliche Aufwendungen für den Pkw trug und als Betriebsausgaben seines eigenen Betriebs geltend machte. Die private Nutzung des Pkw versteuerte er nach der sog. 1 %-Methode mit 1 % des Bruttolistenpreises des Pkw pro Monat. Die Klägerin machte für die Nutzung des Pkw einen pauschalen Betriebsausgabenabzug von 0,30 € pro gefahrenen Kilometer geltend. Das Finanzamt erkannte die pauschalen Kfz-Kosten der Unternehmerin nicht an.
Entscheidung: Ebenso wenig der Bundesfinanzhof (BFH):
Hinweise: Ein Betriebsausgabenabzug wäre möglich gewesen, wenn die Klägerin mit ihrem Ehemann einen fremdüblichen Mietvertrag abgeschlossen und Miete an ihren Mann gezahlt hätte; dieser hätte die Miete dann aber als Betriebseinnahme versteuern müssen.
Das Urteil ist nachvollziehbar, weil der Ehemann sämtliche Ausgaben für den Pkw als Betriebsausgaben geltend machen kann. Hätte die Klägerin nun auch noch pauschale Fahrtkosten absetzen können, wäre es zu einem zusätzlichen Betriebsausgabenabzug über die tatsächlich entstandenen Aufwendungen hinaus gekommen.
Mit dem Ansatz der 1 %-Methode war sowohl die private Pkw-Nutzung durch den Ehemann als auch die betriebliche Pkw-Nutzung durch die Klägerin abgegolten; der Wert muss also nicht etwa deshalb erhöht werden, weil der Pkw auch von der Klägerin genutzt wurde.
Der für die Umsatzsteuerfreiheit einer Ausfuhrlieferung erforderliche Buchnachweis kann dadurch erbracht werden, dass der Unternehmer die Ausfuhrlieferungen auf einem separaten Konto bucht und dabei unter Angabe der jeweiligen Rechnungsnummer auf die einzelnen Rechnungen Bezug nimmt.
Hintergrund: Lieferungen an Unternehmer außerhalb der EU (sog. Ausfuhrlieferungen) sind umsatzsteuerfrei, wenn der Unternehmer den sog. Buch- und Belegnachweis führt. Er muss also anhand bestimmter Belege und mit Hilfe seiner Aufzeichnungen nachweisen, dass die Voraussetzungen der Umsatzsteuerfreiheit erfüllt sind.
Streitfall: Ein Unternehmer buchte die Ausfuhrlieferungen auf einem separaten Konto und zeichnete dabei die jeweilige Rechnungsnummer auf. Das Finanzamt versagte die Umsatzsteuerfreiheit, weil der Unternehmer kein Warenausgangsbuch geführt hatte und seine Buchführung nicht ordnungsgemäß war.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Hinweise: Der Buchnachweis muss bis zum Zeitpunkt der Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung geführt werden. Danach darf der Unternehmer seine Buchführungs-Aufzeichnungen noch berichtigen oder ergänzen. Hingegen kann der Belegnachweis noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht erbracht werden.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein neues Schreiben zur Reform des „neuen“ steuerlichen Reisekostenrechts veröffentlicht und die Anwendung verschiedener Regelungen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit konkretisiert.
So stellt das BMF u. a. klar, dass die Verpflegungspauschale zu kürzen ist, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Snack oder Imbiss während einer auswärtigen Tätigkeit zur Verfügung stellt (z. B. belegte Brötchen, Kuchen, Obst), sofern dieser an die Stelle einer Mahlzeit (Frühstück, Mittag- oder Abendessen) tritt, welche üblicherweise zu der entsprechenden Zeit eingenommen wird. Dies gilt unabhängig davon, ob der Mitarbeiter die Mahlzeit tatsächlich einnimmt oder nicht.
Eine im Flugzeug/Schiff oder Zug gewährte Verpflegung gilt als Mahlzeit, wenn die Rechnung für das Beförderungsticket auf den Arbeitgeber ausgestellt ist und von diesem erstattet wird. Die Verpflegung muss dabei nicht offen auf der Rechnung ausgewiesen werden. Die Kürzung der Verpflegungspauschale darf nur unterbleiben, wenn feststeht, dass es sich um eine reine Beförderungsleistung ohne unentgeltlich angebotene Mahlzeit handelt. Kleine Snacks (Schokoriegel, Laugenstange, Kekse), z. B. auf innerdeutschen Flügen, sind dagegen keine Mahlzeit, da sie eine solche nicht ersetzen. Bei Mahlzeiten, die von Dritten bezahlt werden, ist eine Kürzung der Pauschale nicht nötig, da sie nicht vom Arbeitgeber veranlasst sind.
Hinweise: Darüber hinaus hat das BMF den Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ näher konkretisiert. Relevant sind die Ausführungen insbesondere für die Bauwirtschaft, da hier auf die Einordnung von Baucontainern näher eingegangen wird (=> entspricht einer Tätigkeitsstätte, auch wenn mehrere hiervon auf dem Betriebs-/Werksgelände verteilt sind). Daneben hat das BMF anhand einiger neuer Beispiele klargestellt, wie Verpflegungspauschalen bei eintägigen Auswärtstätigkeiten im Inland zu berechnen sind, wenn der Arbeitnehmer mehrfach (oder über Nacht) auswärts tätig ist. Auch wird auf die Ermittlung der Verpflegungspauschalen bei Auswärtstätigkeiten in verschiedenen ausländischen Staaten näher eingegangen.
Die Grundsätze des Schreibens sind rückwirkend ab dem 1. 1. 2014 anzuwenden. Hinsichtlich der Mahlzeitengestellung im Flugzeug, Schiff oder Zug wird es nicht beanstandet, wenn diese ab 1. 1. 2015 angewendet werden. Bei Fragen zu diesem Thema sprechen Sie uns an.
Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung wird ab Januar 2015 von 18,9 auf 18,7 % gesenkt. Auch der Beitragssatz in der knappschaftlichen Rentenversicherung sinkt zum 1. 1. 2015 von 25,1 auf 24,8 %.
Parallel dazu werden die Beiträge zur Pflegeversicherung auf 2,35 % angehoben, um die Pflegereform zu finanzieren.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hält das gesetzliche Abzugsverbot für die Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums für verfassungswidrig und hat das Bundesverfassungsgericht angerufen.
Hintergrund: Nach dem Gesetz sind die Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium weder als Werbungskosten noch als Betriebsausgaben abziehbar, es sei denn, die Berufsausbildung oder das Erststudium finden im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt. Dieses Abzugsverbot wurde 2011 rückwirkend ab 2004 eingeführt. Es war eine Reaktion des Gesetzgebers auf eine Rechtsprechungsänderung durch den BFH, der im Jahr 2011 entgegen der damaligen Rechtslage entschieden hatte, dass Kosten für ein Erststudium steuerlich abgesetzt werden können, wenn das Erststudium im Anschluss an die Schulausbildung aufgenommen wird. Gegen dieses Abzugsverbot richten sich nun die aktuellen Vorlagebeschlüsse.
Streitfälle: In einem der beiden Fälle ging es um die Kosten für eine Piloten-Ausbildung. Der Kläger bezahlte die Ausbildungskosten selbst und arbeitete danach als Verkehrspilot bei einer Fluggesellschaft. In dem anderen Fall ging es um die Kosten für ein Auslandssemester im Rahmen eines Erststudiums der internationalen Betriebswirtschaftslehre. Nach Abschluss seines Studiums wurde der Kläger dieses Verfahrens Assistent des Vorstands einer AG. Beide Kläger machten ihre Ausbildungs- bzw. Studienkosten als vorweggenommene Werbungskosten geltend.
Entscheidung: Dem BFH zufolge scheitert in beiden Fällen der Werbungskostenabzug am gesetzlichen Abzugsverbot. Dieses hält der BFH jedoch für verfassungswidrig:
Hinweise: Ausbildungs- bzw. Studienkosten sollten jetzt als vorweggenommene Werbungskosten/Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Hierzu kann – sofern noch nicht geschehen – eine Steuererklärung erstellt und abgegeben werden, in der vorweggenommene Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben geltend gemacht werden (entsprechende Belege sammeln!). Sofern bereits ein Steuerbescheid vorliegt, aber die Einspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist, sollte Einspruch eingelegt und die Ausbildungs- bzw. Studienkosten geltend gemacht werden. Bei einem Erfolg der Vorlagebeschlüsse vor dem Bundesverfassungsgericht käme es dann zur Feststellung von Verlusten, die in Folgejahren von den dann anfallenden Einkünften abgezogen werden könnten.
Nicht beanstandet hat der BFH übrigens die Rückwirkung des gesetzlichen Abzugsverbots zurück in das Jahr 2004. Denn aufgrund der Rechtsprechungsänderung im Jahr 2011 und der unmittelbar darauf folgenden Gesetzesänderung konnten die Steuerpflichtigen kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Abzug von Ausbildungs- oder Studienkosten bilden; in den Jahren 2004 bis 2011 galt es nämlich als geklärt, dass diese Kosten nicht abziehbar sind.
Scheidungskosten sind auch weiterhin als außergewöhnliche Belastungen absetzbar. Die gesetzliche Neuregelung, nach der Prozesskosten grundsätzlich nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, gilt nicht für die Kosten eines Scheidungsprozesses. Nicht absetzbar sind allerdings die Kosten für die Regelung der Scheidungsfolgesachen wie z. B. Unterhalt, Wohnung oder Sorgerecht. Dies hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) kürzlich entschieden.
Hintergrund: Im Jahr 2013 hat der Gesetzgeber den Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen eingeschränkt. Prozesskosten sind seitdem nur noch dann als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, wenn der Steuerpflichtige ohne den Prozess seine Existenzgrundlage verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen könnte.
Streitfall: Der Kläger ließ sich im Jahr 2013 scheiden und traf im Scheidungsprozess mit seiner (Noch-)Ehefrau auch Folgeregelungen zur Scheidung. Die Kosten sowohl für den Scheidungsprozess selbst als auch für die Regelung der Folgesachen machte der Kläger als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Entscheidung: Das FG erkannte die Kosten für den Scheidungsprozess als außergewöhnliche Belastungen an, nicht aber die Kosten für die Folgeregelungen:
Hinweise: Das FG hat die Revision zugelassen, sodass der BFH – sofern Revision eingelegt wird – klären muss, ob die Prozesskosten für eine Scheidung auch weiterhin als außergewöhnliche Belastungen absetzbar sind.
Nach der gesetzlichen Neuregelung sind weder Zivilprozesskosten noch Kosten eines Verwaltungsgerichtsverfahrens absetzbar, wenn es in dem Prozess um nichtexistenzielle Angelegenheiten geht (z. B. beim Streit um eine Pauschalreise, einen Autokauf oder – im Verwaltungsrecht – um Gebühren). Hingegen sind Kosten für einen Arbeitsgerichtsprozess grundsätzlich als Werbungskosten absetzbar.
Der Bundesrat hat das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus in seiner Sitzung am 28. 11. 2014 gebilligt. Damit kann es am 1. 1. 2015 in Kraft treten.
Folgende Regelungen sind vorgesehen:
Arbeiten Mutter oder Vater nach der Geburt eines Kindes in Teilzeit, können sie künftig bis zu 28 Monate lang Elterngeld beziehen. Bisher war die Bezugszeit auf 14 Monate begrenzt.
Zudem gibt es einen Partnerschaftsbonus: Teilen sich Vater und Mutter die Betreuung ihres Kindes und arbeiten parallel nur zwischen 25 und 30 Wochenstunden, können sie das Elterngeld Plus vier Monate zusätzlich erhalten.
Der Inhalt des Mandantenrundschreibens ist nicht als Rechtsrat zu verstehen und ohne vorherige Beratung auch nicht als Entscheidungsgrundlage geeignet. Eine Haftung für den Inhalt der Beiträge kann trotz gewissenhafter Bearbeitung nicht übernommen werden.
München, im Januar 2015
Thomas R. Kretzschmar
Dipl. Kfm. (Univ.) . Dipl. Jur. (Univ.)
Wirtschaftsprüfer . Steuerberater . Fachberater für internationales Steuerrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
Oliver Henry
Dipl. Jur. (Univ.)
Rechtsanwalt
KRETZSCHMAR & PARTNER mbB
Steuern . Recht . Wirtschaft . Prüfung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft . Steuerberatungsgesellschaft
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