Ausgabe Nr. 1/2016 (Januar/Februar)
Sehr geehrte Mandantin,
sehr geehrter Mandant,
nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.
Ein Unternehmer, der zugleich Arbeitnehmer ist und seinen Dienstwagen auch privat und für seine unternehmerische Tätigkeit nutzen darf, kann den geldwerten Vorteil aus der Dienstwagennutzung nicht anteilig als Betriebsausgabe bei seiner unternehmerischen Tätigkeit abziehen.
Hintergrund: Arbeitnehmer müssen den Vorteil, der sich aus der privaten Nutzungsmöglichkeit eines Dienstwagens ergibt, als geldwerten Vorteil versteuern. Führen sie kein Fahrtenbuch, wird der Nutzungsvorteil mit monatlich 1 % des Bruttolistenpreises des Dienstwagens angesetzt.
Streitfall: Der Kläger war als Unternehmensberater sowohl selbständig als auch als Arbeitnehmer tätig. Sein Arbeitgeber stellte ihm einen Dienstwagen zur Verfügung, den er privat und auch für seine selbständige Tätigkeit nutzen durfte. Die Kfz-Aufwendungen wurden vom Arbeitgeber getragen. Der Kläger versteuerte einen geldwerten Vorteil nach der sog. 1 %-Methode in Höhe von knapp 5.000 €. Mit dem Dienstwagen fuhr er 5.000 km privat, 18.000 km im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit und 37.000 km als Arbeitnehmer. Der Kläger machte 78,3 % des geldwerten Vorteils (18.000 km : 23.000 km [18.000 km + 5.000 km]) und damit 3.915 € als Betriebsausgaben bei seiner Gewinnermittlung als Unternehmensberater geltend.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) lehnte den Betriebsausgabenabzug ab:
Hinweis: Der BFH deutet an, dass ein Betriebsausgabenabzug möglich gewesen wäre, wenn der geldwerte Vorteil nach der sog. Fahrtenbuchmethode ermittelt worden wäre; denn dann hätten die unternehmerischen Fahrten des Klägers zu einer Erhöhung des geldwerten Vorteils geführt.
Kürzlich hat sich das Bundesfinanzministerium (BMF) zur lohn- und umsatzsteuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen ab 2015 geäußert.
Hintergrund: Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, z. B. Betriebsausflüge oder Jubiläums- oder Weihnachtsfeiern. Der Gesetzgeber gewährt seit dem 1. 1. 2015 einen Freibetrag von 110 € pro Arbeitnehmer und Betriebsveranstaltung für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen im Jahr. Voraussetzung ist, dass die Veranstaltung allen Angehörigen des Betriebs (oder Betriebsteils) offen steht. Vor 2015 waren die 110 € als Freigrenze ausgestaltet, sodass hier auch nur die geringste Überschreitung insgesamt steuerschädlich war.
Die Kernaussagen des BMF:
Hinweise: Das Schreiben gilt grundsätzlich rückwirkend ab dem 1. 1. 2015. Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Regelungen muss es allerdings erst ab dem 10. 11. 2015 (Tag nach Veröffentlichung im Bundessteuerblatt) angewendet werden.
Für Veranlagungszeiträume vor 2015 ist die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu beachten. Danach zählen zu den Gesamtaufwendungen nur konsumierbare Aufwendungen (Speisen, Getränke, Entertainment), nicht jedoch Aufwendungen für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung (z. B. die Saalmiete). Anteilige Gesamtaufwendungen für Begleitpersonen werden dem Arbeitnehmer ebenfalls nicht zugerechnet.
Und noch einmal Party: Die Kosten für eine Feier, mit der zum einen eine berufliche Prüfung und zum anderen der Geburtstag gefeiert wird, sind anteilig abziehbar. Der Umfang des Abzugs richtet sich dann nach dem Anteil der aus dem beruflichen Umfeld stammenden Gäste an der Gesamtteilnehmerzahl.
Hintergrund: Beruflich veranlasste Kosten sind absetzbar, nicht aber private Kosten. Besteht sowohl ein beruflicher als auch ein privater Zusammenhang, spricht man von einer gemischten Veranlassung. Bis zu einer Grundsatzentscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Jahr 2009 war bei gemischter Veranlassung ein anteiliger Abzug der Kosten, soweit sie beruflich veranlasst waren, grundsätzlich nicht möglich (sog. Aufteilungsverbot). Seit der BFH-Entscheidung können die anteiligen Kosten abgezogen werden, soweit sich der beruflich veranlasste Kostenanteil zutreffend und leicht nachprüfbar vom privat veranlassten Teil abgrenzen lässt.
Streitfall: Der Kläger absolvierte sein Steuerberaterexamen und wurde im selben Jahr 30 Jahr alt. Er veranstaltete deshalb eine große Feier und lud rund 100 Gäste ein. Hiervon waren 46 Gäste Kollegen. 46 % der Kosten für die Feier machte er als Werbungskosten geltend.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) sah dies dem Grunde nach ebenso, verwies den Fall jedoch zur weiteren Aufklärung an die Vorinstanz zurück:
Hinweise: Die Entscheidung macht deutlich, dass es nun auch bei gemischt veranlassten Feiern kein Aufteilungsverbot mehr gibt. Der Anlass der Feier ist übrigens nicht das einzige Kriterium der Prüfung einer beruflichen oder privaten Veranlassung. Weitere Anhaltspunkte sind z. B., wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste festlegt, wo die Veranstaltung stattfindet sowie der Charakter der Feier.
Immobilieneigentümer, die eine Photovoltaikanlage betreiben und den überschüssigen Strom gegen eine Vergütung ins öffentliche Netz einspeisen, sind unternehmerisch tätig. Durch eine Änderung der Verwaltungsauffassung hat dies ab 2016 auch Auswirkungen auf die sog. Bauabzugsteuer.
Hintergrund: Beauftragt ein Unternehmer ein anderes Unternehmen mit Bauleistungen, hat er 15 % des Rechnungsbetrags einzubehalten, anzumelden und an das Finanzamt abzuführen. Hiermit soll die Besteuerung von Bauleistungen sichergestellt werden. Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung oder Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
Nach geänderter Verwaltungsauffassung stellt ab 2016 nun auch die Installation einer Photovoltaikanlage an oder auf einem Gebäude eine Bauleistung i. S. d. § 48 EStG dar, mit der Folge, dass künftig auch hier Bauabzugsteuer vom Auftraggeber abzuführen ist, es sei denn, der Auftraggeber lässt sich vom Installateur der Anlage eine im Zeitpunkt der Zahlung gültige sog. Freistellungsbescheinigung zum Steuerabzug nach § 48b EStG vorlegen.
Hinweis: Die neue Rechtsauffassung ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Fälle bis zum 31. 12. 2015 (Zeitpunkt der Entstehung der Bauabzugsteuer) wird es nicht beanstandet, wenn ein Abzug der Bauabzugsteuer oder das Anfordern einer Freistellungsbescheinigung unterbleibt.
Ein Masterstudium ist jedenfalls dann Teil einer einheitlichen Erstausbildung, wenn es zeitlich und inhaltlich auf den vorangegangenen Bachelorstudiengang abgestimmt ist (sog. konsekutives Masterstudium). Die Folge: Auch nach Abschluss des Bachelorstudiums kann ein Anspruch auf Kindergeld bestehen, unabhängig davon, ob das Kind nebenher arbeitet oder nicht.
Hintergrund: Eltern von erwachsenen Kindern erhalten für diese bis zu deren 25. Lebensjahr u. a. dann Kindergeld, wenn die Kinder für einen Beruf ausgebildet werden. Nach Abschluss einer Erstausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind allerdings nur dann berücksichtigt, wenn es nebenher nicht zu viel arbeitet. Hier gilt eine Grenze von bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit. Ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis ist ebenfalls unbeachtlich.
Streitfall: Der Sohn der Klägerin beendete sein Studium der Wirtschaftsmathematik mit dem Bachelor. Danach führte er es als Masterstudium fort. Daneben war er 21,5 Stunden wöchentlich u. a. als studentische Hilfskraft tätig. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung mit Erreichen des Bachelor-Abschlusses auf. Sie ging davon aus, dass die Erstausbildung des Sohnes mit diesem Abschluss beendet und seine Nebentätigkeit kindergeldschädlich sei.
Entscheidung: Dem ist der Bundesfinanzhof (BFH) nicht gefolgt.
Hinweis: Da die Erstausbildung im Streitfall mit dem Bachelor-Abschluss noch nicht beendet war, kam es nicht darauf an, dass der Sohn bis zur Erlangung des Masterabschlusses mehr als 20 Stunden pro Woche gearbeitet hatte.
Für Schornsteinfegerleistungen wird dem Bundesfinanzministerium (BMF) zufolge künftig rückwirkend in allen noch offenen Fällen die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen gewährt. Offen ist ein Steuerfall dann, wenn er noch nicht veranlagt wurde oder der Steuerbescheid noch geändert werden kann, weil z. B. der Steuerpflichtige Einspruch eingelegt hat.
Hintergrund: Seit 2014 mussten Aufwendungen für Schornsteinfegerleistungen in zwei Kategorien eingeteilt werden: Zur ersten gehörten Schornstein-Kehrarbeiten sowie Reparatur- und Wartungsarbeiten, die als Handwerkerleistungen begünstigt wurden. In die zweite, nicht begünstigte Kategorie, fielen Mess- oder Überprüfungsarbeiten sowie die sog. Feuerstättenschau.
Neue Verwaltungsauffassung:
Hinweis: Ebenfalls als Handwerkerleistungen abzugsfähig sind die Aufwendungen für eine Zulegung an das öffentliche Straßennetz. Auch hier muss keine Aufteilung erfolgen nach Arbeiten auf dem eigenen Grundstück und Leistungen, die im öffentlichen Raum vorgenommen werden.
Die Versorgung eines Haustieres im eigenen Haushalt, z. B. durch einen Betreuungsdienst, ist als haushaltsnahe Dienstleistung steuerlich begünstigt.
Hintergrund: Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen können mit einem Anteil von 20 % (max. 4.000 €) von der Steuer abgezogen werden. Zu haushaltsnahen Dienstleistungen gehören z. B. der Einkauf von Lebensmitteln, das Kochen, die Reinigung sowie die Pflege und Versorgung von Kindern und kranken Haushaltsmitgliedern.
Streitfall: Die Kläger hatten eine Katze, die sie während ihres Urlaubs durch eine Tierbetreuung versorgen ließen. Die Katze blieb während des Urlaubs im Haus der Kläger. Hierfür entstanden ihnen Kosten in Höhe von ca. 300 €. 20 % hiervon machten sie als haushaltsnahe Dienstleistungen in ihrer Steuererklärung geltend – zunächst erfolglos.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab den Klägern dagegen Recht:
Hinweise: Der BFH widerspricht damit der Auffassung der Finanzverwaltung, die Tierbetreuungskosten nicht als haushaltsnahe Dienstleistung anerkennt.
Die Steuerermäßigung wird nur gewährt, wenn das Tier im Haushalt des Steuerpflichtigen versorgt wird, nicht aber, wenn es zur auswärtigen Pflege abgegeben wird.
Ende letzten Jahres wurde das Steueränderungsgesetz 2015 verkündet. Anbei einige Neuerungen im Überblick:
Für Umsätze im Zusammenhang mit Betriebsvorrichtungen gilt nunmehr das sog. Reverse Charge-Verfahren. Das heißt, die Steuerschuldnerschaft geht auf den Auftraggeber über, wenn dieser ein Bauunternehmer ist, der nachhaltig Bauleistungen erbringt. Betroffen sind Bauleistungen an Sachen, Ausstattungsgegenständen und Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und nicht bewegt werden können, ohne dass das Gebäude/Bauwerk zerstört oder verändert wird. Mit dieser Regelung wird die bisherige Verwaltungsauffassung gesetzlich festgeschrieben.
Ab 2016 ist für die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags nicht mehr erforderlich, dass die Funktion des anzuschaffenden bzw. herzustellenden Wirtschaftsguts genannt wird. Hierdurch wird die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags erheblich erleichtert. Zu beachten bleibt jedoch weiterhin, dass der Investitionsabzugsbetrag rückwirkend aufgelöst werden muss, soweit die Investition nicht innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums durchgeführt wird.
Daneben ist ein Sonderausgabenabzug von Unterhaltsleistungen i. H. von bis zu 13.805 € pro Jahr durch den Geber nur noch unter Angabe der Steueridentifikationsnummer des Unterhaltsempfängers möglich. Letzterer muss die Leistungen weiterhin als sonstige Einkünfte versteuern.
Bei der Grunderwerbsteuer wird u. a. eine höhere Bemessungsgrundlage in Fällen eingeführt, in denen für das Grundstück kein Kaufpreis vereinbart wird, weil z. B. nur Anteile an einer Gesellschaft mit Grundbesitz übertragen werden. Bislang galten hier niedrigere Grundstückswerte, die deutlich unter den tatsächlichen Grundstückswerten lagen. Dies wurde vom Bundesverfassungsgericht moniert.
Der Inhalt des Mandantenrundschreibens ist nicht als Rechtsrat zu verstehen und ohne vorherige Beratung auch nicht als Entscheidungsgrundlage geeignet. Eine Haftung für den Inhalt der Beiträge kann trotz gewissenhafter Bearbeitung nicht übernommen werden.
München, im Januar 2016
Thomas R. Kretzschmar
Dipl. Kfm. (Univ.) . Dipl. Jur. (Univ.)
Wirtschaftsprüfer . Steuerberater . Fachberater für internationales Steuerrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
Oliver Henry
Dipl. Jur. (Univ.)
Rechtsanwalt
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