Ausgabe Nr. 3/2018 (Mai/Juni)
Sehr geehrte Mandantin,
sehr geehrter Mandant,
nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.
Hat eine Personengesellschaft einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) für eine künftige Investition gebildet, kann die Investition im sog. Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters durchgeführt werden.
Hintergrund: Ein Unternehmer kann für künftige Investitionen unter bestimmten Voraussetzungen einen IAB steuermindernd bilden. Die Investition ist dann innerhalb von drei Jahren durchzuführen; andernfalls muss der IAB rückgängig gemacht werden. Wird die Investition durchgeführt, musste der IAB nach der bis 2015 geltenden Rechtslage im Jahr der Anschaffung in Höhe von 40 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten gewinnerhöhend hinzugerechnet werden. Anschließend konnten die Anschaffungskosten in dieser Höhe wieder gewinnmindernd herabgesetzt werden; die anschließende Abschreibung fiel dann entsprechend geringer aus.
Streitfall: Die Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der der A beteiligt war. Die GbR bilanzierte und bildete im Jahr 2008 einen gewinnmindernden IAB für zwei Wirtschaftsgüter, die sie anschaffen wollte. Drei Jahre später erwarb der A die beiden Wirtschaftsgüter und vermietete sie an die GbR. Damit gehörten die Wirtschaftsgüter zum Sonderbetriebsvermögen des A. Das Finanzamt machte den IAB bei der GbR im Besteuerungszeitraum 2008 rückgängig, weil die GbR keine Investitionen durchgeführt hatte, sondern nur ihr Gesellschafter A.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Hinweise: Im Ergebnis wird der Gewinn also zwischen den Gesellschaftern verschoben. Die Bildung des IAB wirkt sich bei allen Gesellschaftern anteilig gewinnmindernd aus. Die Hinzurechnung des Investitionsabzugs bei Durchführung der Investition durch den Gesellschafter wirkt sich nur bei diesem gewinnerhöhend aus.
Seit 2016 muss der IAB bei der Anschaffung des Wirtschaftsgutes nicht mehr zwingend gewinnerhöhend hinzugerechnet werden, insoweit besteht nun ein Wahlrecht.
Ein Investitionsabzugsbetrag (IAB), der zu Unrecht gebildet, jedoch bestandskräftig worden ist, kann rückgängig gemacht werden, wenn die Investition unterbleibt.
Streitfall: Der Kläger hatte im Jahr 2011 einen IAB gebildet, obwohl er dies nicht hätte tun dürfen (seine Gewinngrenze war überschritten). Sein Einkommensteuerbescheid 2011 wurde bestandskräftig. In der Folge führte er die Investition allerdings nicht durch. Der Kläger meint, der Bescheid für 2011 könne nicht mehr geändert und der IAB nicht mehr rückgängig gemacht werden, da dies nur bei einem rechtmäßig gebildeten IAB zulässig sei.
Entscheidung: Dem folgten die Richter des BFH nicht:
Hinweis: Stellt ein Unternehmer nach Bildung des IAB fest, dass er den IAB zu Unrecht gebildet hat, kann er umgehend die Änderung des Bescheids zu seinen Ungunsten beantragen. Auf diese Weise verhindert er, dass der Bescheid erst nach Ablauf des dreijährigen Investitionszeitraums geändert wird und so eine relativ hohe Zinsfestsetzung entsteht.
Das Finanzamt darf keine Hinzuschätzungen vornehmen, wenn der Unternehmer im Rahmen einer Einnahmen-Überschussrechnung keine fortlaufenden Rechnungsnummern verwendet hat, sondern eine zufällige, durch den Computer erzeugte Nummerierung. Der Ausweis einer solchen zufälligen Nummerierung spricht nicht für die Unvollständigkeit der erfassten Einnahmen.
Hintergrund: Umsatzsteuerrechtlich müssen Rechnungen u. a. eine fortlaufende Nummer enthalten, damit der Rechnungsempfänger einen Vorsteuerabzug geltend machen kann. Ist die Nummerierung der Ausgangsrechnungen unvollständig, können sich jedoch auch für den Rechnungsaussteller Konsequenzen ergeben, weil das Finanzamt dann vermutet, dass ein Teil der Ausgangsrechnungen „schwarz“ vereinnahmt worden ist.
Streitfall: Der Kläger führte Veranstaltungen durch, die auf seiner Internetseite gebucht werden konnten. Bei einer Buchung wurde eine Buchungsnummer elektronisch erzeugt; die Buchungsnummer setzte sich aus der jeweiligen Veranstaltungsnummer und aus einer weiteren Nummer, bestehend aus dem Geburtsdatum des Buchenden und dem Rechnungsdatum, zusammen. Dadurch entstanden keine fortlaufenden Rechnungsnummern. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Das Finanzamt beanstandete, dass der Kläger keine fortlaufenden Rechnungsnummern verwendet hatte und erhöhte den Gewinn durch eine Hinzuschätzung.
Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) gab der Klage statt:
Hinweise: Das Urteil sollte nicht missverstanden werden. Wer nämlich mit Unternehmern Verträge schließt, kommt um eine fortlaufende Nummerierung der Rechnung nicht umhin, weil der Vertragspartner eine ordnungsgemäße Rechnung mit einer fortlaufenden Rechnungsnummer benötigt, um den Vorsteuerabzug geltend zu machen. Dabei ist es umsatzsteuerlich nicht schädlich, wenn separate Rechnungsnummernkreise verwendet werden, z. B. je nach Bundesland mit einem Buchstabenzusatz für das jeweilige Land (z. B. B1 für Berlin oder HH1 für Hamburg).
Wer hingegen nur mit Privatkunden Verträge schließt, muss bei der Einnahmen-Überschussrechnung keine fortlaufende Rechnungsnummer verwenden, sondern kann bewusst eine lückenhafte Nummerierung verwenden, wie das FG deutlich macht. Hiervon ist allerdings der Fall zu unterscheiden, in dem sich der Unternehmer zu einer lückenlosen Nummerierung entschieden hat, die Rechnungen dann aber tatsächlich Lücken bei der Nummerierung aufweisen. Hier wird das Finanzamt grundsätzlich zu Recht von einer unvollständigen Einnahmenerfassung ausgehen dürfen und Hinzuschätzungen vornehmen.
Lädt ein Unternehmer seine Arbeitnehmer, Geschäftsfreunde und deren Arbeitnehmer zu Bundesligaspielen ein, führt dies bei den Eingeladenen zu Einnahmen, so dass eine sog. Pauschalversteuerung von 30 % durch den Unternehmer in Betracht kommt.
Hintergrund: Unternehmer können Sachzuwendungen oder Geschenke an Geschäftsfreunde einer pauschalen Einkommensteuer von 30 Prozent unterwerfen und damit die Besteuerung für den Geschäftsfreund übernehmen. Gleiches gilt bei betrieblich veranlassten Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden.
Streitfall: Die Klägerin war eine GmbH, die fünf Dauerkarten für einen Fußball-Bundesligaverein erwarb. Sie lud ihre eigenen Arbeitnehmer, Geschäftsfreunde und deren Arbeitnehmer zu Spielen ein und setzte einen Teil der Kosten als Werbeaufwand steuerlich ab. Das Finanzamt sah in der Einladung einen geldwerten steuerpflichtigen Vorteil für die Eingeladenen und forderte von dem Unternehmer eine Pauschalsteuer von 30 Prozent.
Entscheidung: Das Finanzgericht Bremen (FG) folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Hinweise: Die Annahme eines geldwerten Vorteils für die Arbeitnehmer der Geschäftsfreunde ist nicht zwingend, da die Klägerin nicht die Arbeitgeberin der Arbeitnehmer ihrer Geschäftsfreunde war; von einem Dritten wie der Klägerin kann Arbeitslohn jedoch nur dann gezahlt werden, wenn der Arbeitgeber (Geschäftsfreund der Klägerin) weiß oder erkennen kann, dass derartige Vergütungen gezahlt werden. Hat die Klägerin die Arbeitnehmer ihres Geschäftsfreundes ohne Wissen des Geschäftsfreundes eingeladen, läge wohl kein Arbeitslohn vor. Eine Pauschalversteuerung wäre dann nicht zulässig.
Schließlich ist zu beachten, dass der sog. VIP-Logen-Erlass der Finanzverwaltung, der einen abziehbaren Anteil für Werbeaufwand unterstellt, im Streitfall keinen Teilerfolg brachte. Für das FG war entscheidend, dass es sich nicht um die Anmietung einer Loge, sondern nur um sog. Business-Seats handelte. Bei Business-Seats geht die Finanzverwaltung davon aus, dass der gesamte Preis auf die Eintrittskarte und die Verpflegung entfällt, nicht aber auch auf Werbung.
Wird bei einem Neubau erstmalig ein Außenputz angebracht, ein Gartenzaun aufgestellt, Rollrasen ausgelegt und eine Einfahrt auf das Grundstück gepflastert, handelt es sich nicht um steuerlich begünstigte Handwerkerleistungen. Denn die Arbeiten stehen in Zusammenhang mit einem Neubau.
Hintergrund: Für Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Haushalt des Steuerpflichtigen wird eine Steuerermäßigung von 20 Prozent auf den in der Rechnung ausgewiesenen Arbeitskostenanteil gewährt, höchstens 1.200 €. Dieser Ermäßigungsbetrag wird unmittelbar von der Steuer abgezogen.
Streitfall: Die Kläger ließen auf ihrem Grundstück ein Einfamilienhaus durch E errichten. Der Bauvertrag sah auch die Anbringung des Außenputzes vor, nicht aber die Erstellung von Außenanlagen. Die Abnahme des Neubaus erfolgte im März 2014. Dem Abnahmeprotokoll zufolge fehlte noch der Außenputz. Die Kläger zogen nach der Abnahme in das Haus ein. Im Juni 2014 wurde von E der Außenputz angebracht und durch K ein Rollrasen im Garten verlegt, ein 41 Meter langer Zaun aufgestellt und eine Einfahrt gepflastert. Die Kläger machten den Arbeitskostenanteil der von E und K gestellten Rechnungsbeträge als steuerbegünstigte Handwerkerleistungen geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.
Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Hinweise: Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen, weil bislang ein genauer Maßstab für die Abgrenzung zwischen Neubau und begünstigter Baumaßnahme fehlt. Im Streitfall lässt sich die Anbringung des Außenputzes relativ klar als Neubaumaßnahme einstufen, weil diese Baumaßnahme bereits im Bauvertrag vereinbart war. E hatte den auf den Außenputz entfallenden Betrag gesondert abgerechnet und dafür für den Hausbau entsprechend weniger verlangt.
Bei den Außenanlagen ist dies schwieriger zu beurteilen, weil diese häufiger erst längere Zeit nach dem Einzug in den Neubau vorgenommen werden, z. B. Gartenarbeiten im nächsten oder übernächsten Sommer. Der BFH wird nun Grundsätze für diese Abgrenzung entwickeln müssen.
Zwar kann bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens ein niedrigerer Grundstückswert nachgewiesen werden. Das Sachverständigengutachten muss aber ordnungsgemäß erstellt worden sein: Neben der Beachtung der gesetzlichen Vorgaben für die Grundstücksbewertung müssen die Begutachtungsgrundlagen zutreffend erhoben und dokumentiert worden sein.
Hintergrund: Werden Grundstücke vererbt oder verschenkt, muss der Wert des Grundstücks ermittelt werden, um Erbschaft- und Schenkungsteuer festsetzen zu können. Hierzu gibt es verschiedene Bewertungsverfahren, die von der Art und Nutzung des Hauses abhängig sind. Bei vermieteten Wohnimmobilien ist z. B. das Ertragswertverfahren vorgesehen. Der Steuerpflichtige hat jedoch die Möglichkeit, durch ein Gutachten einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.
Streitfall: Dem Kläger wurde 2007 ein Miethaus geschenkt, das 1900 gebaut und seitdem nicht mehr saniert worden war. Für die Bemessungsgrundlage bei der Schenkungsteuer ließ der Kläger ein Sachverständigengutachten erstellen. Der Sachverständige ermittelte einen sog. Ertragswert der Immobilie von 800.000 € und zog hiervon einen Sanierungsstau in Höhe von 170.000 € ab. Den Betrag ermittelte der Gutachter im Rahmen einer Ortsbesichtigung, bei der er die Immobilie von außen und eine von 17 Wohnungen auch im Innenbereich besichtigt hatte. Das Finanzamt erkannte einen Sanierungsstau nur in Höhe von 101.000 € an und setzte den Wert für die Schenkungsteuer auf 699.000 € fest (800.000 € Ertragswert abzüglich 101.000 € Sanierungsstau).
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Hinweis: In der Praxis muss darauf geachtet werden, dass der Gutachter ordnungsgemäß arbeitet und sich das Grundstück umfassend anschaut, wenn er Bewertungsabschläge vornimmt. Der Gutachter darf sich insoweit nicht auf die Aussagen des Steuerpflichtigen stützen. Je weniger der Gutachter selbst ermittelt hat, desto niedriger ist der Nachweiswert seines Gutachtens. Wegen der Beweislast geht dies dann zu Lasten des Steuerpflichtigen.
Vermieden werden sollten auch Fehler bei der methodischen Qualität des Gutachtens. Wenn der Gutachter bereits bei der Ermittlung der Mieteinnahmen eine niedrige Miete wegen der Mängel der Immobilie ansetzt, darf er den Mangel nicht noch zusätzlich vom Mietwert abziehen.
Der Inhalt des Mandantenrundschreibens ist nicht als Rechtsrat zu verstehen und ohne vorherige Beratung auch nicht als Entscheidungsgrundlage geeignet. Eine Haftung für den Inhalt der Beiträge kann trotz gewissenhafter Bearbeitung nicht übernommen werden.
München, im Mai 2018
Thomas R. Kretzschmar
Dipl. Kfm. (Univ.) . Dipl. Jur. (Univ.)
Wirtschaftsprüfer . Steuerberater . Fachberater für internationales Steuerrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
Oliver Henry
Dipl. Jur. (Univ.)
Rechtsanwalt
KRETZSCHMAR & PARTNER mbB
Steuern . Recht . Wirtschaft . Prüfung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft . Steuerberatungsgesellschaft
Tel. +49-89-38 39 47 - 0
[email protected]