Ausgabe Nr. 6/2012 (November/Dezember)
Sehr geehrte Mandantin,
sehr geehrter Mandant,
nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.
Unternehmer müssen bereits jetzt neben den Lohnsteueranmeldungen auch ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen elektronisch an das Finanzamt übermitteln.
Die elektronische Abgabe der Daten muss ab dem 1. 1. 2013 in authentifizierter Form, d. h. mit einem elektronischen Zertifikat erfolgen – hierzu ist eine Registrierung bei ElsterOnline unter www.elsteronline.de/eportal erforderlich. Das Zertifikat kann auch für weitere Leistungen der Steuerverwaltung verwendet werden.
Hinweis: Von der Verpflichtung zur Übermittlung mit Sicherheitszertifikat sind auch schon die Steuer(vor)anmeldungen für Dezember 2012 betroffen, da diese erst nach Ablauf des Monats und somit in 2013 zu übermitteln sind. Sollte die Registrierung bis dahin nicht erfolgt sein und die Steuer(vor)anmeldung aus diesem Grunde erst nach der gesetzlichen Abgabefrist dem Finanzamt übermittelt werden, müssen Sie mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags rechnen. Dieser kann bis zu 10 % der angemeldeten Steuer betragen. Da die Registrierung bis zu zwei Wochen dauern kann, sollten Sie – sofern Sie Ihre Lohnbuchhaltung selbst erledigen – die Registrierung zeitnah vornehmen. Soweit Sie uns bereits beauftragt haben, brauchen Sie sich um nichts zu kümmern.
Zum 1. 1. 2013 wird die Papierlohnsteuerkarte durch das elektronische Verfahren „ELStAM“ (Elektronische LohnSteuer AbzugsMerkmale) ersetzt. Ab diesem Zeitpunkt sind alle Arbeitgeber verpflichtet, das ELStAM-Verfahren zu nutzen und die ELStAM-Daten zum Datenabgleich abzurufen. Die Finanzverwaltung gewährt jedoch eine Kulanzfrist bis zum 31. 12. 2013.
Während dieses Zeitraums kann jeder Arbeitgeber selbst entscheiden, wann er mit der Nutzung beginnt. Auch besteht die Möglichkeit, die Arbeitnehmer im Einführungszeitraum stufenweise, also zu verschiedenen Zeitpunkten, in das ELStAM-Verfahren zu überführen. Als spätester Umstiegszeitpunkt ist jedoch die Lohnabrechnung Dezember 2013 vorgesehen. Ein Abruf mit Wirkung ab 2014 ist verspätet.
Solange Arbeitgeber im Einführungszeitraum das ELStAM-Verfahren nicht anwenden, sind für den Lohnsteuerabzug entweder die Lohnsteuerkarte 2010 oder eine vom Finanzamt ausgestellte Ersatzbescheinigung zugrunde zu legen. Nach dem ersten erfolgreichen Abruf der ELStAM hat der Arbeitgeber für die angemeldeten Arbeitnehmer das Verfahren weiter anzuwenden, eine Rückkehr zur Lohnsteuerkarte 2010 bzw. zur Ersatzbescheinigung ist grundsätzlich nicht mehr möglich.
Ausnahme: Der Arbeitgeber kann mit Zustimmung des Arbeitnehmers auf eine sofortige Anwendung der im Einführungszeitraum erstmals abgerufenen ELStAM einmalig verzichten. Stattdessen kann er den Lohnsteuerabzug für die Dauer von bis zu 6 Kalendermonaten weiter nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte 2010/Ersatzbescheinigung durchführen. Der 6-Monats-Zeitraum gilt auch dann, wenn dieser über das Ende des Einführungszeitraums (31. 12. 2013) hinausreicht. Gleiches gilt, wenn die erstmalige Anwendung der im Einführungszeitraum erstmals abgerufenen ELStAM zu einem vom bisherigen Verfahren abweichenden Lohnsteuerabzug führt.
Scheitert der erstmalige Abruf der ELStAM während des Einführungszeitraums aufgrund technischer Probleme, kann der Arbeitgeber bis zum vorletzten Lohnzahlungszeitraum des Einführungszeitraums ebenfalls weiterhin das Papierverfahren anwenden.
Hinweis: Die Veröffentlichung einer umfangreichen FAQ-Liste für Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer durch die Finanzverwaltung ist geplant. Den Entwurf eines Anwendungsschreibens mit Einzelheiten für die dauerhafte Anwendung des ELStAM-Verfahrens ab dem Kalenderjahr 2013 hat das Bundesfinanzministerium am 11. 10. 2012 herausgegeben.
Mit der Umstellung auf das ELStAM-Verfahren müssen auch die Freibeträge für den Lohnsteuerabzug 2013 neu beantragt werden. Dies könnte insbesondere deshalb in Vergessenheit geraten sein, da in den letzten beiden Jahren ausnahmsweise die Freibeträge ohne Antrag im Folgejahr weitergegolten haben. Lediglich Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung und Hinterbliebene, die bereits über das Jahr 2012 hinaus gewährt wurden, werden ohne neuen Antrag weiterhin berücksichtigt. Wer Freibeträge berücksichtigen lassen möchte, beispielsweise als Berufspendler oder bei volljährigen Kindern, kann seit Oktober 2012 beim zuständigen Finanzamt am Wohnsitz den entsprechenden Antrag stellen – zur Vermeidung langer Wartezeiten am besten per Post. Die Beantragung muss bis zum Jahresende 2012 erfolgen, damit die Freibeträge von Anfang an berücksichtigt werden können.
Ab 2013 gelten neue Regeln für die Ehegatten-Veranlagung. Die getrennte Veranlagung mit Grundtarif, die besondere Veranlagung mit Grundtarif und das Witwensplitting fallen weg.
Hintergrund: Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurden die Veranlagungsarten für Eheleute von sieben auf nur noch vier mögliche Veranlagungs- und Tarifvarianten reduziert. Ab dem Veranlagungszeitraum 2013 sind noch folgende Veranlagungsarten möglich:
Einzelheiten: Ehegatten haben künftig ein Veranlagungswahlrecht zwischen der Einzelveranlagung und der Zusammenveranlagung. Die Einzelveranlagung ersetzt die bisherige getrennte Veranlagung. Mit der Einzelveranlagung können Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen/Handwerkerleistungen nicht mehr steueroptimierend frei zugeordnet werden. Sie werden demjenigen zugerechnet, der sie wirtschaftlich getragen hat. Auf Antrag ist eine hälftige Zuordnung der Aufwendungen möglich.
Die „zumutbare Belastung“ bei den außergewöhnlichen Belastungen wird bei einzeln veranlagten Ehegatten nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte des einzelnen Ehegatten bestimmt und nicht wie bei der getrennten Veranlagung nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte beider Ehegatten.
Hinweis: Während Ehegatten bisher die bei Abgabe der Steuererklärung getroffene Wahl der Veranlagungsart bis zur Bestandskraft des betreffenden Steuerbescheids und auch im Rahmen von Änderungsveranlagungen beliebig oft ändern konnten, wird künftig die Wahl der Veranlagungsart für den betreffenden Veranlagungszeitraums durch Angabe in der Steuererklärung bindend. Sie kann nach Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids nur noch dann geändert werden, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ gegeben sind:
Der Bundesfinanzhof (BFH) hält das seit 2009 geltende Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz für verfassungswidrig und hat das Gesetz dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt. Der BFH sieht insbesondere in den steuerlichen Vergünstigungen für Betriebsvermögen und Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 % einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Hintergrund: Seit dem 1. 1. 2009 gilt ein neues Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht. Es gewährt unter anderem erhebliche steuerliche Begünstigungen, wenn Betriebsvermögen – und nicht Privatvermögen – oder Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 % vererbt oder verschenkt werden. So wird für Betriebsvermögen ein sog. Verschonungsabschlag von 85 % oder unter bestimmten Voraussetzungen sogar von 100 % gewährt.
Streitfall: Ein Neffe beerbte im Jahr 2009 seinen Onkel. Nach Abzug des Freibetrags von 20.000 € versteuerte das Finanzamt die Erbschaft mit einem Steuersatz von 30 % Der Neffe wandte sich gegen die Höhe des Steuersatzes.
Entscheidung: Der BFH hält das neue Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz aus folgenden Gründen für verfassungswidrig:
Hinweis: In letzter Instanz wird nun das BVerfG entscheiden müssen. Welche praktischen Konsequenzen es hat, wenn das BVerfG die Bedenken des BFH teilt, ist schwer vorhersehbar. Kaum vorstellbar ist, dass das gesamte ErbStG rückwirkend für verfassungswidrig und nicht mehr anwendbar erklärt wird. Ebenso wenig liegt es nahe, dass isoliert nur die Steuerverschonung rückwirkend für unanwendbar erklärt wird. Wahrscheinlicher ist, dass das BVerfG den Gesetzgeber auffordert, für die Zukunft „nachzubessern“. Soweit die Finanzverwaltung Steuerfestsetzungen im Hinblick auf die Vorlage nicht für vorläufig erklärt, sollten Betroffene (d. h. nicht durch §§ 13a, 13b ErbStG Begünstigte) ihre Steuerfestsetzung offenhalten.
Kapitalanleger, die z. B.
müssen den Stichtag 15. 12. 2012 beachten. Denn in diesen Fällen ist eine Verlustverrechnung im selben Jahr ausschließlich im Rahmen der Jahressteuererklärung möglich. Die zu viel gezahlte Abgeltungsteuer wird dann insoweit erstattet, als eine Verrechnung der Gewinne mit Verlusten erfolgt. Dazu sind bei der Einkommensteuererklärung 2012 Verlustbescheinigungen vorzulegen, die bei den Geldinstituten bis zum 15. 12. 2012 beantragt werden können; es handelt sich hierbei um eine Ausschlussfrist. Wird die Frist versäumt, werden die Verluste automatisch auf das Folgejahr übertragen und können nur im selben Verrechnungstopf mit Gewinnen verrechnet werden.
Nachfolgend informieren wir Sie über die (voraussichtlich) neuen Rechengrößen in der Sozialversicherung für 2013:
Beitragsbemessungsgrenze West
Renten- und Arbeitslosen-versicherung (Monat/Jahr)
5.800 €/69.600 €
(2012: 5.600 €/67.200 €)
knappschaftliche Rentenversicherung (Monat/Jahr)
7.100 €/85.200 €
(2012: 6.900 €/82.800 €)
Kranken- und Pflege-versicherung (Monat/Jahr)
3.937,50 €/47.250 €
(2012: 3.825 €/45.900 €)
Beitragsbemessungsgrenze Ost
Renten- und Arbeitslosen-versicherung (Monat/Jahr)
4.900 €/58.800 €
(2012: 4.800 €/57.600 €)
knappschaftliche Rentenversicherung (Monat/Jahr)
6.050 €/72.600 €
(2012: 5.900 €/70.800 €)
Kranken- und Pflege-
versicherung (Monat/Jahr)
3.937,50 €/47.250 €
(2012: 3.825 €/45.900 €)
Die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (Jahresarbeitsentgeltgrenze) steigt auf 52.200 € (2012: 50.850 €). Für Arbeitnehmer, die bereits am 31. 12. 2002 aufgrund der zu diesem Zeitpunkt geltenden Regelungen wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei waren, steigt die Jahresarbeitsentgeltgrenze auf 47.250 € (2012: 45.900 €).
Hinweis: Die Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2013 bedarf noch der Zustimmung des Bundesrats. Sollten sich hier noch Änderungen ergeben, werden wir Sie an dieser Stelle informieren.
Zum Jahreswechsel wird der Renten-Beitragssatz wohl – wie von der Bundesregierung geplant – von derzeit 19,6 % auf 19 % sinken. Ein entsprechender Antrag der Gegner des Vorhabens, die auf die Absenkung verzichten wollten, fand in der 901. Sitzung des Bundesrats am 12. 10. 2012 keine Mehrheit.
Hinweis: Der Gesetzentwurf zur Beitragshöhe muss noch vom Bundestag verabschiedet werden – er bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrats. Die Verabschiedung ist aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Parlament allerdings sehr wahrscheinlich.
Die Verdienstgrenze für Arbeitnehmer mit einer geringfügigen Beschäftigung soll auf 450 €, die für Beschäftigte in der Gleitzone auf 850 € angehoben werden. Dies sieht ein aktueller Gesetzentwurf der Bundesregierung vor.
Als weitere Maßnahme ist eine verpflichtende Absicherung der Beschäftigten in der gesetzlichen Rentenversicherung vorgesehen. Arbeitnehmer sollen sich allerdings auf Antrag hiervon befreien können.
Hinweis: Das „Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung“ soll zum 1. 1. 2013 in Kraft treten. Auch wenn es noch das weitere Gesetzgebungsverfahren durchlaufen muss, ist mit wesentlichen Veränderungen nach derzeitigem Stand nicht zu rechnen – zumal der Bundesrat nicht zustimmen muss. Denkbar ist allerdings, dass wegen praktischer Schwierigkeiten – etwa wegen zu geringer „Vorlaufzeit” – eine spätere Inkraftsetzung erfolgt.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer aktuellen Entscheidung klargestellt, dass eine Eigenbedarfskündigung auch dann möglich ist, wenn die Mieträume vom Vermieter nicht allein für Wohnzwecke sondern für berufliche Zwecke genutzt werden sollen.
Hintergrund: Dem Vermieter steht ein gesetzlich geregeltes ordentliches Kündigungsrecht bei Mietverhältnissen über Wohnraum dann zu, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Dies ist dann der Fall, wenn er die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts zu Wohnzwecken benötigt (sog. Eigenbedarf).
Streitfall: Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung des Klägers in Berlin. Mit Schreiben vom 2. 11. 2009 kündigte der Kläger das Mietverhältnis zum 30. 4. 2010. Die Kündigung begründete er damit, dass seine Ehefrau beabsichtige, ihre Anwaltskanzlei nach Berlin in die von den Beklagten gemietete Wohnung zu verlegen. Die Beklagten widersprachen der Kündigung und machten Härtegründe geltend. Die Räumungsklagen des Klägers scheiterten in den ersten beiden Instanzen.
Entscheidung: Vor dem BGH hatte der Kläger dagegen Erfolg.
Anmerkung: Mit dem Urteil stärkt der BGH die Rechte von Vermietern. Den Streitfall hat das Gericht jedoch an die Berufungsinstanz zurückverwiesen, wo geprüft werden muss, ob sich die Mieter ggf. noch erfolgreich auf sog. Härtegründe berufen können.
Der Inhalt des Mandantenrundschreibens ist nicht als Rechtsrat zu verstehen und ohne vorherige Beratung auch nicht als Entscheidungsgrundlage geeignet. Eine Haftung für den Inhalt der Beiträge kann trotz gewissenhafter Bearbeitung nicht übernommen werden.
München, im November 2012
Thomas R. Kretzschmar
Dipl. Kfm. (Univ.) . Dipl. Jur. (Univ.)
Wirtschaftsprüfer . Steuerberater . Fachberater für internationales Steuerrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
Oliver Henry
Dipl. Jur. (Univ.)
Rechtsanwalt
KRETZSCHMAR & PARTNER mbB
Steuern . Recht . Wirtschaft . Prüfung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft . Steuerberatungsgesellschaft
Tel. +49-89-38 39 47 - 0
[email protected]