Ausgabe Nr. 6/2023 (November/Dezember)
Sehr geehrte Mandantin,
sehr geehrter Mandant,
nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt. Diese Mandanten-Information beruht auf dem Rechtsstand 29.9.2023.
Der Vorsteuerabzug aus den Kosten für eine Betriebsveranstaltung ist grundsätzlich nur möglich, wenn es entweder ein vorrangiges Unternehmensinteresse für die Betriebsveranstaltung gibt, das über die Verbesserung des Betriebsklimas hinausgeht, oder wenn die Kosten pro erschienenen Teilnehmer den Betrag von 110 € (brutto) nicht übersteigen.
Hintergrund: Die Vorsteuer ist abziehbar, wenn der Unternehmer Leistungen für sein Unternehmen bezieht und eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Wird die bezogene Leistung für den Privatbedarf der Arbeitnehmer verwendet, ist die Vorsteuer grundsätzlich nicht abziehbar.
Einkommensteuerlich gibt es seit 2015 einen Freibetrag in Höhe von 110 € brutto für die Teilnahme an Betriebsveranstaltungen. Der Freibetrag gilt pro Arbeitnehmer und ggf. dessen Begleitung. Er wird für bis zu zwei Veranstaltungen pro Jahr gewährt. Bis einschließlich 2014 galt eine Freigrenze in Höhe von 110 €, so dass bei Überschreitung dieser Freigrenze der gesamte Betrag als Arbeitslohn steuerpflichtig war.
Sachverhalt: Der Kläger war Arbeitgeber und lud seine Mitarbeiter im Jahr 2015 zu einer Weihnachtsfeier ein, die in Gestalt eines sog. Kochevents in einem Kochstudio durchgeführt werden sollte. Es meldeten sich 32 Arbeitnehmer an; tatsächlich erschienen 31 Arbeitnehmer. Die Kosten betrugen brutto ca. 4.500 €. Auf jeden Teilnehmer entfielen rund 145 €. Das Finanzamt erkannte die Vorsteuer nicht an.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Hinweise: Der BFH hält daran fest, dass Betriebsveranstaltungen nur dann umsatzsteuerlich unschädlich sind, wenn pro Arbeitnehmer der Kostenanteil maximal 110 € beträgt. Eine Überschreitung dieses Betrags auch nur um einen Euro führt zum Ansatz einer Entnahme und damit zur Versagung des Vorsteuerabzugs. Der BFH folgt damit nicht der einkommensteuerlichen Änderung des Gesetzes, wonach seit 2015 ein Freibetrag – und nicht eine Freigrenze – von 110 € gilt.
Außerdem stellt der BFH klar, dass umsatzsteuerlich die Kosten der Betriebsveranstaltung auf die erschienenen Arbeitnehmer aufzuteilen sind und nicht auf die angemeldeten Teilnehmer. Dies ist nachteilig, weil sich hierdurch der auf den einzelnen Teilnehmer entfallende Kostenanteil erhöhen kann.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat sich zur steuerlichen Berücksichtigung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer und zum Abzug der sog. Tagespauschale bei häuslicher Tätigkeit ab dem Veranlagungszeitraum 2023 geäußert.
Hintergrund: Der Gesetzgeber hat den Abzug der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer ab 2023 neu geregelt und den Abzug einer sog. Tagespauschale für die häusliche Tätigkeit (vormals „Homeoffice-Pauschale“) eingeführt.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind nur dann abziehbar, wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Der Steuerpflichtige kann dann entweder die tatsächlichen Aufwendungen oder eine Pauschale von 1.260 € pro Jahr abziehen (Wahlrecht). Der pauschale Abzug der Kosten bietet sich insbesondere dann an, wenn die tatsächlichen Aufwendungen für das Arbeitszimmer den Betrag von 1.260 € pro Jahr unterschreiten.
Verfügt der Steuerpflichtige nicht über ein häusliches Arbeitszimmer, kann er eine Tagespauschale in Höhe von 6 €, maximal 1.260 € im Jahr, steuerlich abziehen, wenn er an einem Tag eine betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der Wohnung ausübt und keine erste Tätigkeitsstätte aufsucht. Sofern ihm für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, ist es unschädlich, dass er überwiegend auswärts oder in der ersten Tätigkeitsstätte tätig gewesen ist.
Wesentlicher Inhalt des aktuellen BMF-Schreibens:
1. Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer
Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum, der vorwiegend für Bürotätigkeiten oder aber für geistige, künstlerische oder schriftstellerische Tätigkeiten genutzt wird.
Zu den abziehbaren Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer gehören die Kosten für die Ausstattung des Arbeitszimmers sowie die anteiligen Aufwendungen für die Wohnung bzw. das Gebäude, also z. B. die Miete bzw. Abschreibung, Betriebskosten oder Zinsen.
Kosten für die Renovierung ausschließlich des Arbeitszimmers können in voller Höhe berücksichtigt werden. Wird das gesamte Gebäude bzw. die Wohnung renoviert, werden die Aufwendungen anteilig berücksichtigt. Werden nur privat genutzte Flächen renoviert wie z. B. Flur, Bad oder Küche, können keine Aufwendungen berücksichtigt werden, und zwar auch nicht anteilig.
Voraussetzung für den Abzug ist, dass das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet. Dabei kommt es auf den qualitativen Schwerpunkt an, nicht auf den zeitlichen Umfang.
Beispiele: Ein Lehrer hat seinen qualitativen Tätigkeitsschwerpunkt im Klassenzimmer und nicht im häuslichen Arbeitszimmer, wo er den Unterricht vor- oder nachbereitet. Ein Richter hat seinen qualitativen Tätigkeitsschwerpunkt im Gericht. Beide können daher allenfalls die Tagespauschale steuerlich geltend machen.
Übt der Steuerpflichtige eine Tätigkeit aus, die er in qualitativer Hinsicht gleichwertig sowohl im häuslichen Arbeitszimmer als auch am außerhäuslichen Arbeitsort erledigt, so liegt der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer, wenn der Steuerpflichtige mehr als die Hälfte der Arbeitszeit im häuslichen Arbeitszimmer tätig wird.
Wird das häusliche Arbeitszimmer von zwei Steuerpflichtigen genutzt (z. B. von Freund und Freundin, die zusammenwohnen), ist für jeden Steuerpflichtigen gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen des steuerlichen Abzugs vorliegen. Falls ja, kann jeder Steuerpflichtige die Aufwendungen, die er getragen hat oder die er – falls die Aufwendungen von einem gemeinsamen Konto gezahlt worden sind – geschuldet hat, steuerlich absetzen.
2. Abzug der Tagespauschale
Die Tagespauschale in Höhe von 6 € kann für jeden Kalendertag geltend gemacht werden, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend von zu Hause aus ausgeübt wird. Ein häusliches Arbeitszimmer ist hierfür nicht erforderlich.
„Überwiegend“ bedeutet, dass mehr als die Hälfte der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit von zu Hause aus verrichtet wird. Es ist dann unschädlich, wenn der Steuerpflichtige weniger als die Hälfte seiner Arbeitszeit auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte arbeitet.
Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, kann die Tagespauschale auch dann geltend gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige überwiegend auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte tätig ist und nur untergeordnet zu Hause arbeitet.
Beispiel: Ein Lehrer unterrichtet von 8:00 bis 13:00 Uhr an der Schule und korrigiert von 15:00 bis 18:00 Uhr zu Hause Klassenarbeiten, da er an der Schule hierfür keinen Arbeitsplatz nutzen kann. Der Lehrer kann die Tagespauschale für die nachmittäglichen Korrekturarbeiten steuerlich geltend machen. Daneben kann er noch die Entfernungspauschale für die Fahrt zur Schule ansetzen.
Hinweis: Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind ab dem 1.1.2023 anwendbar.
Der Gesetzgeber hat rückwirkend zum 1.1.2022 den Betrieb kleinerer Photovoltaikanlagen steuerfrei gestellt. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun zu Einzelfragen der Steuerbefreiung Stellung genommen. Die wichtigsten Punkte stellen wir Ihnen hier vor.
Hintergrund: Rückwirkend zum 1.1.2022 wurden Gewinne aus dem Betrieb kleinerer Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von maximal 30 kW (peak) steuerfrei gestellt. Befinden sich in einem Gebäude mehrere Wohnungen oder Geschäfte, ist eine Leistung von 15 kW pro Wohn- bzw. Geschäftseinheit zulässig. Maximal darf pro Steuerpflichtigen jedoch eine Leistung von 100 kW insgesamt nicht überschritten werden.
Wesentlicher Inhalt des BMF-Schreibens:
Beispiel: Sowohl die Ehefrau als auch der Ehemann betreiben jeweils eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 16 kW auf ihrem Einfamilienhaus. Da für jeden der beiden eine Höchstgrenze von 30 kW gilt, sind beide Anlagen steuerfrei.
Beispiel: A betreibt zwei Anlagen mit einer Leistung von jeweils 30 kW auf Einfamilienhäusern und eine Freiflächen-Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 100 kW. Da die Freiflächen-Photovoltaikanlage ohnehin nicht steuerfrei ist, verbleiben nur die beiden Anlagen auf den beiden Einfamilienhäusern mit insgesamt 60 kW. Die Maximalgrenze von 100 kW pro Steuerpflichtigen wird nicht überschritten.
Hinweis: Durch die Aufteilung eines Gebäudes in mehrere Einheiten können die Voraussetzungen der Steuerfreiheit geschaffen werden. Dies ist etwa der Fall, wenn auf einem Gebäude mit zwei Einheiten eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 32 kW betrieben wird (die Grenze von 30 kW wird überschritten) und zum 1.8. des Jahres eine weitere Einheit durch Aufteilung einer der beiden Einheiten entsteht. Bei drei Einheiten kann nun eine Leistung von 45 kW statt bislang lediglich 30 kW (bei zwei Einheiten) steuerfrei erzielt werden. Ab dem 1.8. ist der Betrieb der Anlage daher steuerfrei.
Hinweise: Das aktuelle BMF-Schreiben ist für die Finanzämter bindend. Es gilt für alle Einnahmen und Entnahmen, die ab dem 1.1.2022 erzielt werden
Die Steuerfahndung Hamburg hat von einem Vermittlungsportal für die Buchung und Vermittlung von Unterkünften erneut Daten zu steuerlichen Kontrollzwecken erhalten und aufbereitet. Dem Vernehmen nach handelt es sich um Daten der Vermietungsplattform Airbnb.
Hintergrund: Die Hamburger Finanzverwaltung hatte bereits im Jahr 2020 mit einem internationalen Gruppenersuchen eine höchstrichterliche Entscheidung zur Herausgabe von Daten durch das Vermittlungsportal erstritten. Die Auswertung der damaligen Datenlieferung des Vermittlungsportals, in der Vermietungsumsätze von ca. 8.000 Gastgebern aus Deutschland in Höhe von insgesamt rd. 137 Mio. US-Dollar mitgeteilt worden waren, hat in den Kalenderjahren 2021 und 2022 bundesweit zu Mehrsteuern in Höhe von ca. 4 Mio. € geführt. Dies war Anlass für die Steuerfahndung Hamburg, mit einem weiteren internationalen Gruppenersuchen aktuellere Daten des Vermittlungsportals zu deutschen Vermietern, die Wohnraum über diese Internetplattform vermietet haben, anzufordern.
Hierzu teilt die Finanzbehörde Hamburg weiter mit:
Hinweise: Keine Einkommensteuern aus der gelegentlichen Untervermietung von selbst genutztem Wohnraum fallen an, wenn die Mieteinnahmen weniger als 520 € pro Veranlagungszeitraum betragen. In diesem Fall verzichtet die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen auf die Besteuerung der Einkünfte.
Für Zeiträume ab dem 1.1.2023 müssen Online-Plattformbetreiber wie bspw. Ebay, Airbnb oder auch MyHammer den Finanzbehörden ohnehin Verkaufsdaten melden, die deren Nutzer dort erzielen, unabhängig davon, ob die Nutzer privat oder gewerblich handeln.
Die Meldepflicht der Plattformbetreiber umfasst bei natürlichen Personen u. a. die folgenden Daten:
Die Meldepflicht greift u. a.
Hinweise: Die erste Meldung für den Meldezeitraum 2023 ist von den Plattformbetreibern zum 31.1.2024 abzugeben.
Ob die jeweiligen Plattform-Nutzer steuerlichen Pflichten unterliegen, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Zu beachten ist, dass neben der Einkommensteuer auch Umsatz- und Gewerbesteuer anfallen können.
Ein dauerhafter ermäßigter Umsatzsteuersatz von 7 % auf den Verzehr von Speisen in Restaurants hat am 21.9.2023 im Bundestag keine Mehrheit gefunden.
Hintergrund: Zurzeit gilt für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken ein ermäßigter Umsatzsteuersatz in Höhe von 7 %. Damit soll ein Beitrag zur Bekämpfung der Corona-Folgen und zur Stärkung der Binnennachfrage geleistet werden. Nach derzeitigem Stand läuft die Maßnahme Ende 2023 aus.
Nun wurde eine Gesetzesinitiative der Opposition zur dauerhaften Anwendung des ermäßigten Steuersatzes im Bundestag verworfen. Begründet wurde die Ablehnung u. a. mit der angespannten Haushaltslage – die Mindereinnahmen durch die derzeitige Umsatzsteuersenkung beliefen sich immerhin auf ca. 3,3 Milliarden Euro pro Jahr, die Schuldenbremse müsse eingehalten werden. Ob hier das letzte Wort gesprochen ist, werden die weiteren Haushaltsberatungen zeigen.
Der Inhalt des Mandantenrundschreibens ist nicht als Rechtsrat zu verstehen und ohne vorherige Beratung auch nicht als Entscheidungsgrundlage geeignet. Eine Haftung für den Inhalt der Beiträge kann trotz gewissenhafter Bearbeitung nicht übernommen werden.
München, im November 2023
Thomas R. Kretzschmar
Dipl. Kfm. (Univ.) . Dipl. Jur. (Univ.)
Wirtschaftsprüfer . Steuerberater . Fachberater für internationales Steuerrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
Oliver Henry
Dipl. Jur. (Univ.)
Rechtsanwalt
KRETZSCHMAR & PARTNER mbB
Steuern . Recht . Wirtschaft . Prüfung
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft . Steuerberatungsgesellschaft
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